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Militarisierung in Afrika

2. März 2011

Welcher Staat zahlt wieviel für seine Armee? Dieser Frage geht das Bonner Konversionszentrum (BICC) jedes Jahr nach. Jan Grebe, Autor der Studie zum Militarisierungsindex, erläutert die Entwicklung in Afrika.

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Aktivisten in Libyen bewaffnen sich zur Verteidigung (Foto: picture-alliance / dpa)
Hoher Militarisierungsgrad in LibyenBild: picture alliance/dpa

Deutsche Welle: Was sagt der Militarisierungsindex genau aus?

Jan Grebe: Der Militarisierungsindex stellt das Verhältnis der militärischen Ressourcen im Vergleich zu anderen Ressourcen in einem Staat dar. Es wird gezeigt, wieviele Mittel der Staat dem Militärsektor zur Verfügung stellt - im Verhältnis zum Gesundheitssektor oder zu der Bevölkerungszahl. Man kann an dem Index also den Militarisierungsgrad eines Landes ablesen.

Die Welt blickt in diesen Tagen nach Libyen, wie sieht es dort mit dem Militarisierungsindex aus?

Libyen liegt nach den neuesten Zahlen aus dem Jahr 2009 auf Platz zwölf des Index, hat also einen äußerst hohen Militarisierungsgrad. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass das Militär eine sehr dominante Rolle in dem Konflikt spielt. Allerdings muss man das differenziert betrachten: Einerseits sieht man Militäreinheiten, die desertieren und die Flucht suchen. Auf der anderen Seite gibt es Soldaten, die loyal zum Regime stehen. Sicher ist aber, dass das Militär dort sehr gut ausgestattet ist. Wir sehen derzeit immer wieder Bilder von Waffen und Waffenlagern in Libyen. Das zeigt, dass in den vergangenen Jahren immer wieder umfassende Waffenlieferungen an das Land gegangen sind.

In diesem Jahr fehlt auch Eritrea bei den Top Ten auf der Militarisierungsliste, dabei hat das Land jahrelang zu den am stärksten militarisierten Staaten gehört. Was ist da passiert?

Dass Eritrea in diesem Jahr fehlt, liegt einfach daran, dass uns dazu keine aktuellen Zahlen vorliegen. Es ist aber davon auszugehen, dass das Land weiterhin stark militarisiert ist. Denn nach dem Ende des Konflikts mit Äthiopien im Jahr 2002 hat in dem Land keine umfassende Demobilisierung und Abrüstung stattgefunden. Es ist weiterhin so, dass ganz Eritrea vom Militär durchzogen ist. So ist Bildung eng mit dem Militär verknüpft: Nur Soldaten dürfen studieren. Das zeigt schon, dass das Militär und der Staat sehr stark miteinander verbunden sind. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Gesellschaft und auch auf die Entwicklung.

Eigentlich könnte man meinen, vor allem konfliktreiche Länder wie die Demokratische Republik Kongo oder Nigeria würden besonders viel Geld für Waffen ausgeben. Das ist laut Ihrer Studie aber nicht so.

In Afrika haben wir den besonderen Fall, dass die Länder wirtschaftlich nicht in der Lage sind, in hoch-technologische Waffen zu investieren. Dort gibt es eher Kleinwaffen, die der Index leider nicht erfasst, da es hierzu keine Daten gibt. In vielen Ländern Afrikas gibt es außerdem das Problem, dass es unabhängig vom staatlichen Militär eine Vielzahl anderer - nicht-staatlicher - Sicherheitsakteure gibt, die Waffen besitzen und diese auch nutzen. Das bringt eine gewisse Instabilität in die Regionen. Beispiele hierfür sind die bereits erwähnte Demokratische Republik Kongo oder Nigeria.

Gibt es denn Länder, von denen Sie sagen würden, sie seien zu wenig militarisiert?

Man kann sicherlich in Afrika einige Länder finden, die zu wenig militarisiert sind. Das heißt aber nicht, dass eine Remilitarisierung einfach so stattfinden sollte. Wichtig sind Kontrollen wie etwa die parlamentarische Aufsicht über die Streitkräfte oder die Transparenz bei der Vergabe von Mitteln im Haushalt.

Diesen Index erstellen Sie seit 1990 jedes Jahr. Bringt er denn irgendetwas?

Wir hoffen durch den Index mehr Transparenz in diese Debatte zu bringen, die traditionell von Geheimhaltung geprägt ist. Durch die Darstellung von gewissen Entwicklungen wollen wir die Diskussion wieder in die Öffentlichkeit bringen. Das kann im besten Fall dazu führen, dass Länder wie Deutschland weniger Waffen in Konfliktregionen oder in Länder, die von Aufrüstung bedroht sind, liefern. Das ist unser Ziel.

Das Gespräch führte Silke Wünsch
Redaktion: Christine Harjes / Carolin Hebig