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Die tödlichen Schüsse des Raymond Davis

23. Februar 2011

Der Fall Raymond Davis belastet das Verhältnis der USA zu ihrem Verbündeten Pakistan. Wegen Mordes soll Davis in Pakistan angeklagt werden. Washington hingegen verlangt seine Freilassung.

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Massendemo in Pakistan mit großem Transparent, auf dem der Tod von Raymond Davis gefordert wird (Foto: AP)
In Massen gehen die Menschen in Pakistan auf die Straßen und fordern die Hinrichtung von Raymond DavisBild: AP

"Davis ist ein Killer!" Oder: "Hängt den Hund!" So schallt es aus der Menge, die vor dem Gefängnis in Lahore demonstriert, in dem Raymond Davis sitzt. Am 27. Januar hatte der US-Amerikaner in der pakistanischen Stadt Lahore am helligten Tag zwei junge Männer auf offener Straße erschossen. Laut US-Darstellung handelte der Botschaftsmitarbeiter aus Selbstschutz, um sich gegen einen Überfall zu verteidigen. Pakistan allerdings weist diese Darstellung zurück. Die dortigen Behörden haben Davis verhaftet und wollen ihn wegen Doppelmords anklagen. Inzwischen ist erwiesen, dass Raymond Davis für den US-Geheimdienst CIA in Pakistan im Einsatz war. Eine Tatsache, die dem Fall noch zusätzlich Zündstoff verliehen und den Zorn der Pakistaner weiter angeheizt hat.

Der verhaftete Raymond Davis wird abgeführt (Foto: AP)
Der verhaftete Raymond Davis wird abgeführtBild: AP

Das Gefängnis, in dem Raymond Davis einsitzt, ist stark gesichert. Und draußen toben die aufgebrachten Menschen. Anfgestachelt werden die Demonstranten von Offiziellen der religiösen Organisation Jamaat ud-Dawah, die seit Ende 2008 auf der Terrorliste der Vereinten Nationen steht. "Die Menschen in Pakistan haben nur einen Wunsch: Blut für Blut." Ameer Hamza ist Sprecher der Organisation und geizt nicht mit deutlichen Worten. Diese Rache habe sich auch die Frau eines der Ermordeten gewünscht. "Sie hat sich aus Verzweiflung umgebracht. Wir wollen ein schnelles Urteil. Wenn das nicht passiert, dann werden wir hier eine Stimmung erleben wie in Tunesien und Ägypten."


Schützenhilfe aus Washington

"Hängt Raymond Davis" fordern Demonstranten auf diesem Transparent (Foro: AP)
"Hängt Raymond Davis" fordern Demonstranten auf diesem TransparentBild: AP

Für den Mob auf der Straße kann es nur ein Urteil gegen den 36-jährigen Raymond Davis geben: die Hinrichtung. Dabei sind fast alle wichtigen Fragen in diesem bizarren Fall noch offen. Warum kam es am 27. Januar überhaupt zu dem heftigen Schusswechsel auf offener Straße? Nach pakistanischen Angaben starb eines der beiden Opfer durch zahlreiche Kugeln in den Rücken. Schießt man jemandem eine Salve in den Rücken, wenn man aus Notwehr handelt, wie Davis behauptet? Wer waren überhaupt die beiden jungen Männer, die angeblich das Auto des US-Amerikaners angegriffen haben? Und warum musste anschließend noch ein weiterer Mensch sterben, weil er im Weg stand, als ein Wagen des US-Konsulats in Lahore Raymond Davis zu Hilfe eilen wollte? Der flüchtete nach den tödlichen Schüssen, konnte aber kurze Zeit später verhaftet werden.

John Kerry (Foto: picture alliance / dpa)
John Kerry reiste als Vermittler nach PakistanBild: picture alliance/dpa

Die USA pochen seitdem auf die diplomatische Immunität des Häftlings und verlangen seine sofortige Freilassung. US-Präsident Barack Obama hat sich sogar persönlich in den Fall eingeschaltet und in der vergangenen Woche Senator John Kerry als Vermittler nach Pakistan geschickt. Kerry steht vor einer schwierigen Augabe. "Keine Instanz und keine Einzelperson kann diesen Fall alleine lösen. Ich hoffe, dass wir es schaffen können, uns auf die Stärke unserer engen Beziehungen zu konzentrieren." Man müsse aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und in Zukunft noch besser zusammenarbeiten.

Hilflosigkeit in Islamabad

Der pakistanische Regierungschef Yousuf Raza Gilani (Foto: AP)
Der pakistanische Regierungschef Yousuf Raza GilaniBild: AP

Die pakistanische Regierung ihrerseits steht enorm unter Druck. Besonders jetzt, da bestätigt ist, dass Raymond Davis ein CIA-Agent ist, wird der Handlungszwang immer größer. Im Parlament spielt der hilfslose Premierminister Yousuf Raza Gilani auf Zeit. "Die rechtlichen Fragen im Davis-Fall sind äußert komplex. Wir müssen das alles sehr vorsichtig interpretieren. Es geht um die Anwendbarkeit unserer Verpflichtungen nach internationalen Gesetzen und es geht um unsere Gesetze." Pakistan verhalte sich sehr verantwortlich, betont der Regierungschef, man habe auch Rechtsexperten um ihre Einschätzung gebeten.

Am 14. März will der Oberste Gerichtshof in Lahore entscheiden, ob Raymond Davis Immunität genießt oder nicht. Es ist kaum vorstellbar, dass die schwache pakistanische Regierung den Bruch mit Washington wagt. Dafür hängt sie zu sehr am finanziellen Tropf der Supermacht. Andererseits: Gibt sie nach, riskiert sie die weitere Radikalisierung des eigenen Volkes.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Esther Felden