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Kanzlerin bestellt Guttenberg ein

18. Februar 2011

Verteidigungsminister zu Guttenberg war in Berlin "unabkömmlich". Wohl deshalb, weil er angesichts der Vorwürfe, bei seiner Doktorarbeit geschummelt zu haben, Kanzlerin Angela Merkel Rede und Antwort stehen musste.

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Karl-Theodor zu Guttenberg (Foto: dapd)
Unter Druck: Karl-Theodor zu GuttenbergBild: dapd

In Oppositionskreisen wird schon von einem "Guttengate" geredet: Wegen seiner in Teilen wohl abgeschriebenen Dissertation gerät der deutsche Verteidigungsminister immer stärker unter Druck. Mittlerweile wurden in der Doktorarbeit weitere Textpassagen entdeckt, die Karl-Theodor zu Guttenberg offensichtlich nicht selbst verfasste und dies nicht ordnungsgemäß kennzeichnete. Von mindestens 15 Autoren soll der CSU-Minister Texte abgekupfert haben - unter ihnen ist mit Rupert Scholz auch einer seiner Amtsvorgänger. Scholz war 1988 und '89 Bundesverteidigungsminister.

Für die von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebene Publikation "Aus Politik und Zeitgeschichte" verfasste Scholz im Jahr 2001 einen Beitrag unter der Überschrift "Fünfzig Jahre Bundesverfassungsgericht". Eine Passage aus dem Aufsatz findet sich laut "Spiegel Online" in Guttenbergs Doktorarbeit nahezu identisch wieder, eine von Scholz in seinem Artikel gesetzte Fußnote mit einem Literaturverweis ist bei Guttenberg demnach ebenfalls wortgleich vorhanden. Ein Verweis auf den Artikel von Scholz sei aber weder in der Fußnote noch im Literaturverzeichnis der Guttenberg-Dissertation zu finden. Das im Internet neu ins Leben gerufene "Guttenplag Wiki" listete am Freitagmorgen (18.02.2011) bereits 70 mögliche Plagiatsstellen auf.

Strenge Qualitätsmaßstäbe

Einleitung zu Guttenbergs Doktorarbeit (Foto: dapd)
Unter der Lupe: Guttenbergs DoktorarbeitBild: dapd

Die Universität Bayreuth, wo Guttenberg vor fünf Jahren promovierte, setzte ihrem ehemaligen Doktoranden eine Frist. "Wir erwarten eine schriftliche Äußerung von Herrn zu Guttenberg innerhalb von zwei Wochen", sagte der Präsident der Universität, Rüdiger Bormann. Dann werde die Prüfungskommission die Aussagen bewerten und über das weitere Vorgehen entscheiden. "Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst", betonte Bormann. Seine Uni habe sehr strenge Qualitätsmaßstäbe. "Wir sind gut beraten, diese einzuhalten."

Zu möglichen Konsequenzen wollte sich Bormann nicht äußern. Die Folgen dürften allerdings von der Nachbesserung der Doktorarbeit bis hin zur Aberkennung des Titels "Dr. jur." reichen. Guttenberg selbst hatte die Anschuldigungen als "abstrus" bezeichnet, zugleich jedoch eingeräumt, dass sich bei den mehr als 1200 Fußnoten seiner 475-Seiten-Arbeit zum Thema "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU" Fehler eingeschlichen haben könnten.

Ein "unhaltbarer" Minister?

Nach Einschätzung von Meinungsforschern könnte die Affäre dem bisher guten Image des Verteidigungsministers nachhaltig schaden. "Die wichtigste Politikereigenschaft ist das Vertrauen. Wer das verspielt, hat ein Problem", sagte beispielsweise der Chef des angesehenen Instituts TNS Emnid, Klaus-Peter Schöppner. Der 39-jährige Guttenberg galt bisher als beliebtester Politiker in Deutschland.

Guttenberg im Bundeswehr-Feldlager in Kundus (Foto: dapd)
Unterwegs: Guttenberg im Bundeswehr-Feldlager in KundusBild: dapd

Nach seiner Rückkehr von einem Truppenbesuch in Afghanistan sagte Guttenberg kurzfristig einen eigentlich für Donnerstagabend geplanten Wahlkampfauftritt in Sachsen-Anhalt ab. Im Ministerium hieß es, der CSU-Politiker sei "in Berlin gebunden". Am Donnerstagabend suchte der Minister zu Gesprächen das Kanzleramt auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "einige Erklärungen" von Guttenberg verlangt, heißt es. Nähere Einzelheiten wurden nicht bekannt. Manche Oppositionspolitiker fordern bereits offen einen Rücktritt des Ministers, sollten diesem der Doktortitel aberkannt werden. Dann sei Guttenberg "nicht mehr haltbar".

Autor: Christian Walz (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Michael Wehling