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Was steckt dahinter?

26. Januar 2011

Dick Martys Bericht über illegalen Organhandel in Kosovo hat für Aufruhr gesorgt. Nun fordern die Parlamentarier des Europarates eine Untersuchung der Vorwürfe. Marty fordert für seine Zeugen effizienten Schutz.

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Europarat fordert Ermittlungen

Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Serbischen Gefangenen sollen während und nach dem Kosovo-Konflikt Ende der 1990er Jahre Organe illegal entnommen und verkauft worden sein. Die Abgeordneten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates haben am Dienstag (25.01.2011) in einer Resolution die Untersuchung dieser Vorwürfe gefordert. Die EU-Rechtsmission EULEX, die EU, aber auch Serbien, Albanien und die Behörden in Pristina sind nun aufgerufen, bei der Aufklärung zu helfen.

Der Sonderermittler des Europarates, Dick Marty, hat an seinem Bericht festgehalten, der im Dezember 2010 veröffentlicht und im Januar 2011 dem Europarat vorgelegt wurde. Darin beschuldigt er den Ministerpräsidenten des Kosovos, Hashim Thaci, er sei in den illegalen Organhandel verstrickt gewesen. Marty wies die Anschuldigungen seiner Kritiker zurück, dass er keine Beweise und keine Zeugen für diese Straftaten habe. Er versicherte zum wiederholten Mal, sein Bericht sei nicht politisch motiviert und stelle auch nicht die Unabhängigkeit des Kosovo in Frage. "Dieser Bericht war weder gegen Kosovo und Albanien gerichtet, noch gegen die dort lebende Bevölkerung. Ganz im Gegenteil: Mein Anspruch ist es, die Menschen zu vertreten, die in der Region leben und ein Recht auf Wohlstand, Demokratie und auf eine saubere, ehrliche und effiziente Politik haben", so Marty.

"Skandalöser" Zeugenschutz

Sonderermittler des Europarats Dick Marty mit erhobenem Zeigefinger beim Europarat (Foto: dpa)
Sonderermittler Marty höchst unzufrieden mit ZeugenschutzBild: picture alliance/dpa

In seinen Ausführungen sagte Dick Marty, dass nach den NATO-Luftangriffen und vor der Ankunft der NATO-Friedenstruppe KFOR 1999 einige Monate vergangen seien, in denen Kosovo unkontrolliert war. "In diesem Zeitraum wurden die meisten Verbrechen begangen", erklärte er in Straßburg. Die heftige Reaktion auf seinen Bericht habe ihn schockiert. Die internationale Gemeinschaft habe in der Vergangenheit trotz diverser Hinweise auf Organhandel nicht lautstark reagiert.

Nun habe er glaubhafte Zeugen, fordere aber einen adäquaten Schutz für sie, so Marty. "In einem Schreiben an die EULEX haben wir unsere Bereitschaft zur Kontaktaufnahme und zum Dialog erklärt. Wir fordern allerdings, dass die Voraussetzungen, unter denen wir bestimmte Informationen geben, im Vorfeld genau geklärt werden." Denn wie es im Augenblick um den Zeugenschutz bei Kriegsverbrecherprozessen bestellt sei, halte er für "skandalös". Ihm zufolge sind Drohungen auch im Fall des Organhandels in Kosovo eingegangen. Daher fordere er entsprechende Garantien für die Sicherheit der Zeugen.

Nachdem die Resolution im Europarat verabschiedet wurde, sagte Dick Marty, dass die begonnene Arbeit fortgesetzt werden müsse, damit Recht und Wahrheit ans Tageslicht kommen. "Die Rolle des Europarates ist es, darauf hinzuweisen und daran zu erinnern, dass die grundlegenden Menschenrechte nicht verhandelbar sind und es keine politischen Gründe gibt, die den Verstoß gegen diese Grundrechte rechtfertigen", schloss Dick Marty.

Autorinnen: Marina Maksimovic / Mirjana Dikic

Redaktion: Julia Kuckelkorn