1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Großbritannien schrumpft

26. Januar 2011

Steigende Preise, schrumpfende Wirtschaft: Die neuesten Daten schockieren die Briten. Die Regierung spart, um das Defizit und die Folgen der Finanzkrise in den Griff zu bekommen. Doch reicht das?

https://p.dw.com/p/102aX
Großbritanniens Finanzminister George Osborne (Foto: AP)
Finanzminister Osborne ist enttäuschtBild: AP

Geschockt reagierten Wirtschaftswissenschaftler und Politiker in Großbritannien auf die Nachricht, dass die britische Wirtschaft im letzten Quartal geschrumpft ist - und zwar um ein halbes Prozent. Eigentlich hatten die Analysten ein leichtes Wachstum von bis zu 0,6 Prozent erwartet. Finanzminister George Osborne sagte am Dienstag (25.01.2011) in London, die Zahlen seien "enttäuschend." Weniger Wachstum bedeutet auch weniger Steuereinnahmen für den klammen Schatzkanzler Osborne.

Die britische Statistikbehörde machte das schleche Wetter und die Ausfälle von Flugzeugen und Zügen im Dezember für den Einbruch verantwortlich. Allerdings wäre die Wirtschaft auch ohne diesen Effekt nicht gewachsen, so Wirtschaftsexperten. "Das sind schreckliche Zahlen, ein absolutes Desaster," sagte der Wirtschaftsfachmann Hetal Mehta der Nachrichtenagentur Reuters.

Logo der Bank RBS (Foto: AP)
Milliardengrab: Verstaatliche Bank von SchottlandBild: AP

Als Folge der schlechten Wirtschaftsnachrichten gab das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar und dem Euro nach. Zum Jahresanfang 2011 war in Großbritannien die Mehrwertsteuer erhöht worden. Experten zufolge dürfte dies zu einer weiteren Abbremsung der wirtschaftlichen Entwicklung führen. Die Steuererhöhung ist Teil eines riesigen Sparpaketes, das die konservativ-liberale Koalitionsregierung von Premier David Cameron verabschieden musste, um die Schulden des Landes in den Griff zu bekommen. Innerhalb von vier Jahren will der Staat 80 Milliarden Pfund einsparen.

Schulden aus der Bankenrettung drücken

Zur Schrumpfung der Wirtschaft gesellt sich eine relativ hohe Inflation von fast vier Prozent, die auf gestiegene Energiepreise zurückgeführt wird. Dies könnte die Bank von England zwingen, die Zinsen anzuheben. Das wiederum wäre wieder Gift für eine wirtschaftliche Erholung.

Britische Studenten demonstrieren im November 2010 gegen die drastische Erhöhung der Studiengebühren (Foto: AP)
Schon im November 2010 Unmut über die Regierungsentscheidung - Studenten protestieren gegen höhere StudiengebührenBild: AP

Das Gespenst von der "Stagflation" geht um in Großbritannien: eine ungesunde Kombination aus stagnierender Wirtschaft und steigenden Preisen. Premierminister David Cameron muss die Neuverschuldung, die im letzten Jahr bei exorbitanten zehn Prozent lag, unbedingt drücken. Der Schuldenstand Großbritanniens beläuft sich derzeit auf 2,3 Billionen Pfund. Mehr als die Hälfte davon wurde angehäuft, um die maroden Banken "Royal Bank of Scotland" und "Lloyds Banking Group" zu retten. Um das Defizit zu bekämpfen, braucht Großbritannien dringend Wirtschaftswachstum, so der Ökonom Hetal Mehta: "Die Wirtschaft ist ungemein verwundbar. Vor uns liegt ein steiniger Weg."

Ökonomen sagen voraus, dass die Arbeitslosigkeit wegen der schlechten Konjunktur und wegen gestrichener Stellen in der öffentlichen Verwaltung weiter ansteigen wird. Sie bewegte sich zuletzt mit rund 2,5 Millionen Arbeitlosen bei acht Prozent der erwerbsfähigen Briten.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Nicole Scherschun