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Mediengesetz bestimmt Treffen in Ungarn

7. Januar 2011

Seit Wochen hagelt es aus vielen Teilen der EU Kritik an Ungarns neuem Mediengesetz. Jetzt bekommt der ungarische Premier Orban Besuch von EU-Kommissionspräsident Barroso. Bei dem Treffen geht es vor allem um ein Thema.

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Demonstranten halten Spruchband in die Höhe: HUNGARIAN PRESS FREEDOM LIVED 21 YRS. (Foto: ap)
Protest an der Donau gegen Ungarns MediengesetzBild: AP

Das umstrittene Mediengesetz bestimmt an diesem Freitag (07.01.2011) das Treffen zwischen der ungarischen Regierung und der EU-Kommission in Budapest. Das Gesetz trat am 1. Januar in Kraft und löste sowohl in Ungarn als auch in vielen Ländern der Europäischen Union einen Sturm der Entrüstung aus.

Händeschütteln: Barroso und Orban bei einem Treffen im Oktober 2010 (Archivfoto: ap)
Barroso und Orban bei einem Treffen im Oktober 2010Bild: AP

Kritiker werten das Gesetzt als Eingriff in die Pressefreiheit. Es hat die Einfluss- und damit auch die Zensurmöglichkeiten des ungarischen Staates auf die Medien deutlich gestärkt. Kernelement der neuen Regeln ist ein Medienrat, der über die Ausgewogenheit der Berichterstattung wachen soll und hohe Bußgelder verhängen kann. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat den Rat mit Getreuen aus seinem Umfeld besetzt.

Angriffslustig statt gesprächsbereit

Orban zeigte sich bislang nicht ernsthaft zu Verhandlungen über das Gesetz bereit, sondern reagiert vielmehr angriffslustig auf Kritik. Am Donnerstag teilte er mit, unter bestimmten Bedingungen zum Einlenken bereit zu sein. Er stellte jedoch eine Bedingung dafür: Änderungen am Gesetzestext seien nur möglich, wenn auch andere EU-Mitglieder ähnliche Änderungen in ihren Gesetzen vornehmen. Als Beispiele nannte er die Länder Frankreich, Niederlande und Deutschland.

Die deutsche Bundesregierung – ähnlich wie die Regierungen in Prag und Luxemburg – hatte bereits im Dezember das ungarische Gesetz kritisiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte Ungarn, die EU-Normen einzuhalten und warnte die Regierung in Budapest vor einer Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien. Bundesaußenminister Guido Westerwelle telefonierte in der Angelegenheit mit seinem ungarischen Kollegen Janos Martonyi. Dabei wurde nach Angaben aus dem Außenministerium in freundschaftlicher Atmosphäre über Möglichkeiten einer Änderung der Mediengesetzgebung gesprochen.

Belastung für EU-Ratspräsidentschaft

Händeschütteln zwischen Orban und Yves Leterme (Belgien), beide halten EU-Fahne (Foto: ap)
Am 6. Januar wurde die EU-Ratspräsidentschaft feierlich an Ungarn übergebenBild: AP

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn wiederholte einen Tag vor dem Treffen von Barroso und Orban nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" (Freitagsausgabe) seine Kritik an Ungarn und forderte die EU-Kommission zu einem schnellen Handeln auf. "Die Europäische Kommission muss der Durchsetzung der Pressefreiheit und der freien Meinungsäußerung zum Recht verhelfen. Es ist offensichtlich, dass das ungarische Mediengesetz demokratische Grundregeln verletzt und insbesondere Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union", sagte Asselborn.

Bei ihrem Treffen muss Barroso nun mit Orban nach einer Lösung für den Streit suchen, der den Auftakt der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft überschattet. Diese begann gleichzeitig mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar. Die EU-Kommission prüft bereits die Vereinbarkeit der neuen Regeln mit europäischem Recht und könnte im Ernstfall rechtliche Schritte gegen Ungarn einleiten. Die deutsche Bundesregierung verlangte vor dem Treffen der beiden Politiker, dass Ungarn die als EU-Vorsitz zu führenden Verhandlungen mit den östlichen Partnerländern der Europäischen Union über Medien-Fragen an die EU-Kommission abtritt.

Autor: Martin Schrader (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Martin Muno