Castor-Transport geht auf schwierigste Etappe
7. November 2010Am späten Sonntagnachmittag (07.11.2010) passierte der zwölfte Castor-Zug den Bahnhof der niedersächsischen Stadt Lüneburg und fuhr weiter Richtung Dannnenberg. Von Lüneburg aus muss der Zug über die sogenannte Wendlandbahn fahren - eine eingleisige Strecke, die durch teils unwegsames Gelände führt und von der Polizei nur schwer zu überwachen ist. Geplant ist, die elf Atommüll-Behälter am Sonntagabend in Dannenberg auf Lastwagen umzuladen. Über die Straße soll es dann ins 20 Kilometer entfernte Zwischenlager Gorleben gehen.
Rund halbtägige Verspätung
Doch der ursprüngliche Zeitplan für den Transport, der am Freitag in Frankreich mit 123 Tonnen hochradioaktivem, deutschem Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague gestartet war, ist bereits gehörig durcheinandergewirbelt worden. Nach Angaben von Greenpeace ist der Zug bereits mit einer Verspätung von fast einem halben Tag unterwegs.
Kernkraftgegner hatten den Transport mehrfach aufgehalten. Bereits in Frankreich nahe Caen hatten sich Aktivisten an die Gleise gekettet. Weil am geplanten Grenzübertritt im rheinland-pfälzischen Berg zahlreiche Demonstranten die Gleise besetzt hatten, musste der Zug am Samstag seine Route ändern und über Baden-Württemberg fahren. Seitdem kam es immer wieder zu Störaktionen auf der Strecke des Atommüll-Transports.
Schwere Ausschreitungen
Im Wendland, dem Ziel der Castoren, ist es am Sonntag zu massiven Ausschreitungen gekommen. Die Polizei ging mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Reizgas gegen mehrere tausend Demonstranten vor, die immer wieder versuchten, die Bahnstrecke zwischen Lüneburg und dem Verladebahnhof Dannenberg zu besetzen oder die Gleise zu unterhöhlen, indem sie Schotter aus dem Gleisbett räumten.
Einige Demonstranten warfen Feuerwerkskörper, Stöcke und Erdklumpen auf die Polizei und setzten Holzbarrikaden sowie einen Räumpanzer in Brand. Laut Polizei wurde das Fahrzeug mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und angezündet, war aber weiter einsatzbereit. Mehrere Menschen wurden bei den Ausschreitungen verletzt.
"Nur durch einen unverhältnismäßigen Gewalteinsatz konnte die Polizei uns (...) wieder zurückdrängen, der Wald ist voller Tränengas", sagte Mischa Aschmoneit, einer der Aktivisten der Kampagne "CastorSchottern", die dazu aufgerufen hatten, mit dem Entfernen des Schotters die Bahnstrecke für den Castor-Zug unbefahrbar zu machen.
Bei einem früheren Transport hatten Atomkraft-Gegner eine Straße mit einem Tunnel untergraben und damit für die Schwertransporter unpassierbar gemacht. Seitdem schreitet die Polizei gegen solche Aktionen konsequent ein.
Friedliche Sitzblockaden auf Schienen und Straßen
Laut Polizei haben sich in Harlingen nahe Hitzacker rund 2000 Menschen auf die Gleise gesetzt. Eine zweite große Sitzblockade bildete sich am Sonntagvormittag auf der Straßenstrecke, also der letzten Etappe des Transports ins Zwischenlager Gorleben. Zuvor hatte die Polizei eine Blockade von Traktoren aufgelöst. Die Polizei sprach bei beiden Aktionen von friedlichen Demonstranten. Nach Angaben von Aktivisten wollen die Castor-Gegner auf der Straße bis zur Ankunft des Atommülltransports ausharren.
Am Samstag hatte es in Dannenberg im Wendland eine Großdemonstration gegeben. Die Veranstalter sprachen von bis zu 50.000 Teilnehmern, die Polizei dagegen von 25.000 Personen. Insgesamt sind rund 17.000 Beamte im Einsatz, um den Castor-Transport abzusichern. Wegen der Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken rechneten die Veranstalter bereits im Vorfeld mit den größten Protesten seit Jahrzehnten.
Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Ulrike Quast