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Ärger um Software-Patente

Bernd Riegert24. September 2003

Nachdem das Europäische Parlament eine Richtlinie zur Patentierung von Computerprogrammen verabschiedet hat, äußern sich sowohl große Softwarekonzerne als auch die Anhänger einer völligen Freigabe von Software kritisch.

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Bremsen Software-Patente die Entwicklung neuer Programme?Bild: dpa

Die neue Richtlinie, die am Mittwoch (24.09.2003) in erster Lesung verabschiedet wurde, sieht vor, dass reine Software nicht vom Patentschutz erfasst wird. Nur Erfindungen, die einen technischen Vorgang mit Hilfe von Software auslösen, sollen geschützt werden können.

Die Gegner der Patentierung von Computersoftware verlangen freien Zugang zu allen Quelltexten. Diese sogenannten Quellcodes sind der Grundbaustein aller Programme. Ein freier Zugang ermöglicht eine kostengünstige Weiterentwicklung von Software.

"Klarheit über bestehende Regeln"

Die Stimmung war aufgeheizt nicht nur vor dem Parlament, wo sich Demonstranten versammelten, auch im Parlament war die Debatte erregt, denn alle Seiten fühlen sich eigentlich missverstanden.

Die EU-Kommission hat eine moderate Richtlinie vorgelegt, die eine Patentierung reiner Softwareprogramme nicht vorsieht. Nur echte computergestützte Erfindungen sollen künftig in Europa Patentschutz genießen und beim europäischen Patentamt in München angemeldet werden können. "Tatsache ist, dass der Vorschlag keine Patente schafft. Er wird auch nicht die furchtbaren Effekte haben, die Schwarzseher prophezeien ", erklärt der zuständige EU-Komissar, Frits Bolkestein, und sagt weiterhin: "Es ist eine vorsichtige Maßnahme, die Klarheit schaffen und die Regeln präzisiert soll, die es ja bereits gibt."

Gegner einer europäischen Patentrichtlinie, darunter auch viele kleine Softwarefirmen, fürchten, dass es zu sogenannten trivialen Patenten kommen könnte, die die Entwicklung neuer Programme bremsen. Solche trivialen Patente, etwa auf bestimmte Mausklickfolgen, überlappende Programmfenster und ähnliches, sind in den USA und Japan möglich.

Schutz vor Monopolbildung

Die großen Software-Firmen wollen sich mit solchen Patenten gegen Nachahmer schützen. Bislang hat das Europäische Patentamt in München meistens zu gunsten der großen Konzerne entschieden. Das müsse laut Arlene McCarthy, Mitglied des Europäischen Parlaments, mit der neuen EU-Richtlinie aufhören. "Ich glaube, reine Software-Patente sind schlecht für Entwicklung und Wettbewerb. Daher ist es unglücklich, dass das Europäische Patentamt bereits Patente ausgegeben hat. Das ist ein Beispiel für schlechte Praxis", erklärt McCarthy. Software-Patente würden zu Monopolbildung führen, wie etwa bei der Firma Microsoft geschehen, die den Markt der PC-Betriebssysteme beherrscht. Software sei außerdem durch das europäische Urheberrecht gut geschützt, das reines Kopieren bereits heute verbietet.

Der deutsche Abgeordnete Joachim Würmeling sagte für die konservative Mehrheitsfraktion EVP im Europäischen Parlament, die Ansprüche auf den Schutz von echten Erfindungen müssten trotzdem ernst genommen werden: "Denn, wenn wir in unserer Richtlinie soweit gehen, dass praktisch jedes Software-Element dazu führt, dass eine Erfindung nicht mehr patentiert werden kann, dann werden wir im weltweiten Kampf um Innovation völlig ins Abseits geraten", so Würmeling.

Mit dem Mittelweg, den das Europäische Parlament zusammen mit der EU-Kommission nun einschlägt, macht sich Europa wenig Freunde. Die Anhänger der Open-Source-Bewegung werden weiter gegen angebliche Monopol-Bildung demonstrieren. Die Patentanwälte aus den USA werden versuchen, die europäische Regelung anzufechten.