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Südafrikas Fußballerinnen trotz WM-Aus auf dem Vormarsch

Janek Speight in Sydney
7. August 2023

Auch wenn Südafrikas Fußballerinnen im WM-Achtelfinale scheiterten, gelang ihnen ein Meilenstein. Das Team fordert nach dem gelungenen WM-Auftritt mehr Unterstützung.

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Südafrikas Stürmerin Thembi Kgatlana bejubelt im WM-Spiel gegen Argentinien ihr Tor zum 2:0.
Südafrikas Fußballerinnen - wie hier Thembi Kgatlana - haben bei der WM überzeugt und Selbstbewusstsein getanktBild: Blake Armstrong/Action Plus/IMAGO

Im K.o.-Modus liegen Gewinnen und Verlieren sehr eng beieinander. Südafrika weiß das besser als die meisten anderen Nationen. Zwischen 2000 und 2018 haben die Südafrikanerinnen vier Endspiele des Afrika-Cups verloren. Und auch jetzt bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland kam das Aus in der K.o.-Runde: 0:2 verloren die Fußballerinnen aus Südafrika im Achtelfinale gegen die Niederlande und schieden damit aus dem Turnier aus. Das Ergebnis war die Folge verpasster Chancen und von Fehlern in der Defensive. Dennoch können die südafrikanischen Spielerinnen erhobenen Hauptes nach Hause fahren. Denn kaum jemand hatte damit gerechnet, dass "Banyana Banyana", wie das Team gerufen wird, überhaupt die Gruppenphase überstehen würde.

"Wir haben eine Chance verpasst weiterzukommen. Aber so sehr es auch schmerzt, ich bin stolz auf jeden einzelnen von uns, weil wir so hart gearbeitet haben", sagte Offensivspielerin Hildah Magaia der DW. "Das Achtelfinale ist ein Meilenstein für uns." Es war das erste Mal, dass Südafrika die K.o.-Runde einer Weltmeisterschaft erreichte. Dennoch blieb ein Gefühl von "was wäre, wenn". Wenn Thembi Kgatlana im Spiel gegen das Oranje-Team eine ihrer vier Großchancen genutzt hätte? Wenn Torhüterin Kaylin Swart beim 0:2 den Ball nicht durch die Hände hätte rutschen lassen?

Südafrikas Stürmerin Kgatlana ärgert sich über eine vergebene Chance im Achtelfinale gegen die Niederlande.
Im Achtelfinale gegen die Niederlande ließ Kgatlana einige gute Chancen liegen.Bild: Zhang Chen/Xinhua/IMAGO

Oder was wäre, wenn es in Südafrika eine Profi-Liga gäbe? Wenn mehr südafrikanische Fußballerinnen in Übersee spielen würden? Wenn das Team ähnlich finanziert und unterstützt würde wie die starke Mannschaft der Niederlande? "An die Sponsoren: Wie kann man so etwas Besonderes wie unser Team ignorieren?", wunderte sich Nationaltrainerin Desiree Ellis nach dem Spiel. "Ich verstehe nicht, wie man uns auf unserem Weg nach oben nicht unterstützen kann. Wir haben immer noch Spielerinnen, die einen Ganztagesjob haben und nur abends trainieren können. Das ist inakzeptabel. Die Geschäftswelt muss endlich aufwachen und uns wahrnehmen."

Erste Erfolge kamen schnell

Vor vier Jahren, bei der Endrunde in Frankreich, hatte Südafrika sein WM-Debüt gegeben. Erst in jenem Jahr gründete der Südafrikanische Fußballverbands (SAFA) eine nationale Frauen-Liga. Im Rahmen ihrer "Vision 2030" verkündete die SAFA das Ziel, die Liga zu professionalisieren und auch an der Fußballbasis die Möglichkeiten für Spielerinnen, Trainer und Schiedsrichterinnen auszubauen. Der Frauenfußball in Südafrika hat schnell Fortschritte gemacht. 2021 gewannen die Fußballerinnen des Klubs Mamelodi Sundowns die afrikanische Champions League, 2022 mussten sie sich erst im Finale dem Verein As Far aus Marokkos Hauptstadt Rabat geschlagen geben. Und das Nationalteam gewann 2022 mit dem Afrika-Cup seine erste große Trophäe.

Südafrikanische Fans auf der Tribüne - beim Achtelfinale gegen die Niederlande
Südafrikas Fans machten bei der WM StimmungBild: VCG/IMAGO

Doch noch immer besteht eine Diskrepanz zwischen den hochgesteckten Zielen der SAFA und deren Umsetzung. Die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft 2023 wurde durch einen Streit um die WM-Prämien gestört. Die Mannschaft boykottierte das letzte Testspiel gegen Botsuana. Die Spielerinnen waren nicht nur wegen der ungeklärten Prämien-Frage verärgert, sondern auch darüber, dass die Partie 50 Kilometer außerhalb von Johannesburg ausgetragen werden sollte, in einem winzigen Stadion, auf einem schlechten Rasen. Der Konflikt wurde erst gelöst, als der Milliardär Patrice Motsepe, Eigentümer der Mamelodi Sundowns und Präsident des Afrikanischen Fußballverbands CAF, intervenierte und dem Nationalteam aus seiner Privatschatulle 320.000 Dollar (291.000 Euro) spendete.

Worten müssen Taten folgen

Trotz der chaotischen Umstände im Vorfeld gelang Banyana Banyana ein beeindruckender WM-Auftritt: Im Auftaktspiel gegen den Weltranglistendritten Schweden, der im Achtelfinale Titelverteidiger USA aus dem Rennen warf, verloren die Südafrikanerinnen unglücklich mit 1:2. Es folgten ein 2:2-Unentschieden gegen Argentinien, der überraschende 3:2-Erfolg gegen Italien im letzten Gruppenspiel - und auch eine starke Leistung beim 0:2 im Achtelfinale gegen die Niederlande, den Vizeweltmeister von 2019.

"Wir wussten schon vor dem Turnier, dass keine Mannschaft mit unserem Tempo mithalten kann", sagte Stürmerin Kgatlana der DW. "Wir mussten gegen die Niederlande steil nach vorn spielen, denn uns war klar, dass sie mehr Ballbesitz haben würden. In der ersten Halbzeit hatten wir eine Menge Chancen, und die Niederländerinnen wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten. Wir haben unser Bestes gegeben und gut gespielt." Kgatlana sieht jetzt den Verband und die Sponsoren in der Pflicht, um nachhaltigen Erfolg sicherzustellen: "Sie reden seit vielen, vielen Jahren über Frauenfußball, aber am Ende des Tages müssen diese Leute auch was tun."

Nur acht Spielerinnen aus dem Kader Südafrikas, unter ihnen Kgatlana, spielen derzeit im Ausland. Nachwuchsspielerin Wendy Shongwe würden diesen Schritt irgendwann gerne auch machen, sieht aber auch im Heimatland noch großen Reformbedarf. "Es ist sehr wichtig für Südafrika, dass es mehr professionelle Ligen für Frauen gibt", sagte die 20-Jährige der DW. "Wie man sehen kann, ist das Niveau bei der Weltmeisterschaft sehr hoch. Deshalb brauchen wir diese Ligen, damit wir konkurrenzfähiger werden."

Weltmeisterschaft 2027 im eigenen Land?

Eine der größten Kämpferinnen für den Frauenfußball in Südafrika ist Nationaltrainerin Desiree Ellis. Die 60-Jährige hat schon viel erlebt: von der Missachtung der Apartheidregeln, um mit schwarzen und weißen Frauen gemeinsam Fußballspiele zu bestreiten, bis hin zum Debüt in Südafrikas erster Frauen-Nationalmannschaft vor 30 Jahren. "Sie ist großartig", sagte Offensivspielerin Magaia über ihre Trainerin. "Sie ermutigt uns, ständig unser Bestes zu geben und auf unsere Fähigkeiten zu vertrauen. Sie ist auch außerhalb des Spielfelds wie eine Mutter für uns."

Ellis trainiert das Nationalteam seit 2016 und hat es zur WM-Teilnahme 2019, zum Afrika-Cup-Sieg 2022 und jetzt zum historischen Einzug in die K.o.-Runde der WM geführt. "Wir sollten als Gruppe selbstbewusst auftreten und unseren Kopf hoch halten", sagt die Nationaltrainerin. "Als wir uns für das Achtelfinale qualifiziert haben, ist das ganze Land ausgeflippt. Und ich erwarte, dass die Menschen in Südafrika auch ausflippen, wenn wir zurückkommen."

Nationaltrainerin Desiree Ellis beim Absingen der Nationalhymne vor dem WM-Achtelfinale gegen die Niederlande.
Nationaltrainerin Desiree Ellis (vorne) verkörpert den Frauenfußball SüdafrikasBild: IMAGO/Sports Press Photo/IMAGO

Der nächste große Schritt könnte eine Heim-WM sein. Südafrika hat sich gemeinsam mit Brasilien um die WM 2027 beworben. Bisher gibt es nur zwei weitere Gemeinschaftskandidaturen um die Endrunde: von den USA und Mexiko sowie von Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Da es bisher weder in Südamerika noch in Afrika eine Frauen-WM gab, stehen die Chancen der südafrikanisch-brasilianischen Bewerbung nicht schlecht.

"Wir waren Gastgeber der Männer-Weltmeisterschaft 2010 und wissen, wie sich das anfühlt", sagte Nationalspielerin Kgatlana der DW. "Es wäre fantastisch, vor allem für den Frauenfußball, denn wir hoffen, dass er jetzt wächst. Wir haben schon so viele Fortschritte gemacht."

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.