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Todesurteil aufgehoben

27. März 2008

Ein US-Berufungsgericht hat das Todesurteil gegen Bürgerrechtler Mumia Abu-Jamal aufgehoben und eine neue Anhörung zum Strafmaß vorgeschlagen. Der vermutlich bekannteste Todeskandidat der USA wird des Mordes bezichtigt.

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Mumia Abu-Jamal vor Gericht (Quelle: AP, Archivbild 12.07.1995)
Mumia Abu-Jamal - Ikone des Kampfes gegen die TodesstrafeBild: AP

Für Mumia Abu-Jamal ist es nur ein Etappensieg. Ein Vierteljahrhundert nach dem ersten Verfahren hob ein Berufungsgericht in Philadelphia die Todesstrafe für den schwarzen Journalisten und Bürgerrechtler am Donnerstag (27.03.2008) auf und bestätigte damit einen Richterspruch aus dem Jahr 2001. Abu-Jamals Strafe heißt ab sofort so lange "lebenslänglich" bis eine neue Anhörung über das Strafmaß entschieden hat. Seine Wiederaufnahme in die Liste der Todeskandidaten ist nicht ausgeschlossen.

Endlosverfahren geht weiter

Demonstration für Mumia Abu-Jamal in Berlin (Quelle: dpa, Archivbild 05.02.2000)
Demonstration für Abu-Jamal in Berlin (Archivbild)Bild: picture-alliance/ dpa

Aus dem Lager seiner Unterstützer waren keine Jubelrufe zu hören. Die Richter blieben weit hinter dem zurück, was die Solidaritätsbewegung erhofft hatte: Ein neues Verfahren soll es nicht geben, die Verurteilung wegen Polizistenmordes bleibt bestehen. Das Endlosverfahren für Abu-Jamal geht weiter.

Der Spruch der Richter sei eine "vernichtende Entscheidung", kritisierte die "Free Mumia Abu-Jamal Coalition". Der Verband rief für Freitag zu Protestkundgebungen in New York auf. Denn die Berufungsrichter begründeten ihre Entscheidung lediglich mit einem Verfahrensfehler. Die Geschworenen seien vor dem Urteil 1982 nicht angemessen instruiert worden, wie sie mögliche mildernde Umstände zu berücksichtigen hätten. Bei einer neuen Gerichtsanhörung soll die Anklage nun noch einmal die Möglichkeit bekommen, ihre Argumente für das Todesurteil vorzutragen. Verzichtet die Staatsanwaltschaft darauf, wird Abu-Jamals Todesstrafe zu lebenslanger Haft umgewandelt.

Ikone des Kampfes gegen Rassismus und die Todesstrafe

Der Fall von Abu-Jamal lässt auch nach 25 Jahren Rechtsstreit wie kaum ein anderer die Emotionen aufwallen. Es geht darin um mehr als die Frage, unter welchen Umständen am 9. Dezember 1981 der Polizist Daniel Faulkner umgebracht wurde. Es geht um Rassismus, um die mögliche Voreingenommenheit der amerikanischen Justiz und um die Frage, wie mit der Todesstrafe der Gerechtigkeit gedient sein kann. Seit Beginn des Falls kritisierten zahlreiche Initiativen und Menschenrechtsgruppen die rassistische Voreingenommenheit der Juryauswahl sowie der weißen Richterschaft.

Bei einer Anhörung im vergangenen Jahr hatte Abu-Jamals Verteidiger Robert Bryan kritisiert, die Verurteilung sei von "Rassismus und Politik" geprägt. Bryan hob vor allem darauf ab, dass zehn von 15 abgelehnten Geschworenen dunkler Hautfarbe waren. In der Jury, die Abu-Jamal schuldig sprach, saßen zehn Weiße, aber nur zwei Schwarze.

Todeszelle des berüchtigten Huntsville-Gefängnisses in Texas (Quelle: dpa, Archivbild 2000)
Die Todeszelle rückt weiter weg, doch Abu-Jamal wird noch immer des Mordes beschuldigtBild: picture-alliance/ dpa

Mit dem Argument der rassistischen Voreingenommenheit, die eine Neuauflage des Verfahrens nötig gemacht hätte, konnte sich die Verteidigung aber nicht durchsetzen. Zwei der drei Richter in Philadelphia wiesen es zurück. Der dritte Richter erklärte, es gebe "die nachvollziehbare Möglichkeit, dass die Anklage potenzielle schwarze Juroren wegen ihrer Rasse ausgeschlossen hat".

Abu-Jamal beteuert Unschuld

Abu-Jamal, ein früherer Aktivist der radikalen Black Panthers (Schwarzen Panter), hat stets seine Unschuld beteuert. Die Versionen der Mordtat wurden im Laufe der Jahre immer widersprüchlicher. Abu-Jamal war in den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 1981 als Taxifahrer unterwegs, als er seinen Bruder in einer Rangelei mit dem Polizisten sah. Wenig später wurde Abu-Jamal in einer Blutlache neben dem tödlich verletzten Faulkner gefunden. Laut Staatsanwaltschaft soll Abu-Jamal dem Polizisten in den Rücken und später in den Kopf geschossen haben. Faulkner habe noch zurückfeuern können und Abu-Jamal in der Brust getroffen.

Abu-Jamal sagt, Faulkner sei von einem anderen Mann niedergeschossen worden, der vom Tatort geflüchtet sei. 1999 legte die Verteidigung das beeidigte Geständnis eines gewissen Arnold Beverly vor, der sich zur Tötung des Polizisten bekannte. Das Gericht zog dies bislang aber nicht in Betracht. Ohne ein neues Verfahren könne es auch keine Würdigung neuer Beweismaterialien geben. (vem)