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Islam und Internet

Ute Hempelmann23. Juli 2008

Das Internet hat viele Angebote für gläubige Muslime. Einige davon sind ziemlich islamistisch. Aber strenggläubige Muslime verlassen sich in Glaubensfragen ohnehin lieber auf ihren Imam als auf das Netz.

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Nicht alle Angebote sind empfehlenswert, Quelle: dpa
Nicht alle Angebote sind empfehlenswertBild: Fotomontage/AP Graphics/DW

Hülda steht dem Internet derart skeptisch gegenüber, dass sie ganz und gar darauf verzichtet und lieber Bücher liest. Ihre Freundin Fatma teilt die kritische Einstellung. Besonders, wenn es um Glaubensfragen geht. "Ich gucke dann lieber im Koran nach", sagt sie. "Was im Internet steht, würde ich lieber nicht glauben, das rate ich auch allen anderen Leuten."

Ein Pakistaner betet vor seinem Computer, Quelle: AP
Gläubige beten auch vor dem ComputerBild: AP

Ramazan Ucar, islamischer Geistlicher und Vorsitzender der Hamburger Zentrumsmoschee, sieht das ähnlich. Ginge es nach ihm, dann sollten speziell Kinder und Jugendliche ganz und gar auf das Internet verzichten. "Wir appellieren an unsere Jugendliche und sagen: Jeder kann das Internet missbrauchen und falsche Gedanken über den Islam überall verbreiten."

Bekanntschaftsbörsen und TV-Tipps

Unüberschaubar ist die Zahl der Seiten im Netz geworden, die über "den Islam" oder muslimisches Leben im Allgemeinen informieren. Das geschieht zum Beispiel auf der Seite "Qantara", arabisch: Brücke, die von der Deutschen Welle mit betrieben wird. Sie bringt Interessierten islamisches Leben mit all seinen Aspekten wie Kunst, Kultur oder Politik näher.

Auf Islam.de stellt der Zentralrat der Muslime in Deutschland seine Arbeit vor und liefert in der Rubrik "Service" neben religiösen Informationen auch TV-Tipps sowie eine Bekanntschaftsbörse für heiratswillige Moslems und Muslima. Um sich über ihre Religion, Kulturelles und Politisches zu informieren, nutzen viele Muslime aber auch die Netzseiten und Archive der Medien ihres Heimatlandes.

Mitarbeiter des Online-Magazins "CommUnity Magazine" in Perth Amboy, New Jersey, Quelle: AP
Mitarbeiter des muslimischen Online-Magazins "CommUnity Magazine" in Perth Amboy, New JerseyBild: AP

In Deutschland wendet sich Huda, das Netzwerk für muslimische Frauen, mit einer speziellen Frauenseite an Muslima und greift dabei unter anderem auch religiöse Fragestellungen auf. Zum Beispiel geht Huda der Frage nach, ob eine Muslima allein verreisen darf. Besonders beliebt unter muslimischen Jugendlichen ist die Webseite "die wahre Religion" von Pierre Vogel, einem deutschen Konvertiten. "Der war früher Christ und der hat dann alle Religionen studiert und sich für den Islam entschieden", sagt ein junger Mann. "Auf seiner Webseite werden Fragen beantwortet, die man sich stellen kann."

Missionarischer Eifer

Die ultramoderne Aufmachung - viele Bilder und Videos - sollte allerdings niemanden darüber hinwegtäuschen, dass der Betreiber der Webseite, Pierre Vogel, ein Mann mit unübersehbar missionarischem Eifer ist. Mit rotem Rauschebart, Kaftan und rheinischem Akzent nutzt er sein Charisma unter anderem, um Jugendlichen zu erklären, warum der Islam unter den monotheistischen Religionen "die wahre Religion" ist. In so genannten Live-Bekehrungen sind öffentliche Übertritte deutscher Jugendlicher zum Islam im Bild festgehalten und werden gefeiert wie ein Sieg. Webseiten wie diese bewegen sich in einer Grauzone dessen, was islamisch beziehungsweise persönlicher Größenwahn ist, für den die Religion bestenfalls noch ein Vehikel ist.

"Es gibt Websites, wo sozusagen Islamismus light propagiert wird, wo das eine oder andere, was man da liest, nicht richtig im Einklang ist mit dem ist, was wir uns idealtypisch unter der Geltung des Grundgesetzes vorstellen", sagt Heino Faltig, Leiter des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz. "Nur: Wir müssen uns natürlich - aufgrund der auch bei uns endlichen Ressourcen - auf die Websites konzentrieren, in denen in irgendeiner Weise Gewalt propagiert wird."

Flut von Informationen

Viele Muslime nutzen das weltweite Netz unter anderem dazu, digitale Versionen des Koran beziehungsweise einzelne Suren nach Stichworten zu durchforsten, die ihnen dann als Grundlage religiöser Studien dienen. Doch ihr Vertrauen hat Grenzen: "Wichtig ist aber für mich als gläubige Muslima, dass die Quellen stimmen. Dafür fehlt mir das Fachwissen – und da frage ich schon lieber Gelehrte", sagt zum Beispiel Ayshe. "Man weiß angesichts der Informationsflut nicht, wie viel davon richtig ist - das ist der Grund, warum ich mir die Vertiefung woanders hole."