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Umstrittene Eurobonds

14. Dezember 2010

Erst kam der Rettungsschirm, nun sollen Eurobonds Staatspleiten verhindern. Die Einführung solcher Anleihen birgt aber Risiken, meint die deutsche Regierung. Sie sieht unter anderem hohe Kosten auf sich zukommen.

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Geldscheinbündel (Foto: dpa)
Länder mit schlechter Bonität zahlen hohen Preis für GeldBild: picture-alliance/dpa

Um ihre Staatsausgaben finanzieren zu können, nehmen Regierungen Steuern ein. Da das aber nicht für laufende Ausgaben reicht, besorgen sie sich zusätzlich noch Geld auf dem Kapitalmarkt, beispielsweise indem sie Anleihen ausgeben. Der Käufer einer solchen Anleihe leiht dem entsprechenden Land Geld in Höhe des Kaufpreises und bekommt zusätzlich noch einen Zins als Gegenleistung dafür, dass er sein Geld verliehen hat.

Wenn die Anleihe dann eines Tages ausläuft, bekommt der Käufer sein Geld zurück. Vorausgesetzt, das Land, das die Anleihen rausgegeben hat, ist in der Lage, das Geld zurückzubezahlen. Die Wahrscheinlichkeit dafür spiegelt sich im Zinssatz wieder: Je besser ein Land gestellt ist, also je zahlungskräftiger es ist, desto niedriger sind die Zinsen. Dagegen müssen Länder, die weniger gut situiert sind oder in denen es politisch instabil ist, hohe Zinsen als Risikoaufschlag bezahlen. Die Höhe des Zinses hängt also von dem Zeitraum ab, für den das Geld verliehen wurde, und auch von der Wahrscheinlichkeit, das Geld zurückzubekommen.

Europa ist gespalten

Griechische 1-Euro-Münze (Foto: dpa)
Griechenland brauchte massive Hilfe von den Euro-LändernBild: picture alliance/dpa

Europa ist derzeit gespalten. Einige Länder, wie Deutschland, die Niederlande oder Frankreich haben eine gute Bonität. Sie können sich problemlos am Kapitalmarkt mit frischem Geld versorgen und zahlen relativ niedrige Zinsen für ihre Anleihen. Dagegen haben es manche anderen Länder schwer sich zu refinanzieren. Dazu gehören vor allem Griechenland und Irland - bald vielleicht auch Spanien, Portugal und Italien. Weil die Anleger vermuten, sie könnten beispielsweise an Griechenland verliehenes Geld nicht wiederbekommen, verlangen sie sehr hohe Zinsen dafür, wenn sie den Griechen Geld leihen - sprich griechische Anleihen kaufen.

Bisherige Hilfe: Der Rettungsschirm

Für Griechenland waren die Zinsen zu hoch und die Euroländer mussten mit Krediten aushelfen. Damit auch in der nächsten Zeit keine Länder in die Zahlungsunfähig rutschen, spannten die Euroländer einen Rettungsschirm auf: Sie stellen klammen Euroländern bei Bedarf bis zu 750 Milliarden Euro Soforthilfe zur Verfügung. Die ersten 60 Milliarden Euro kommen direkt von der EU-Kommission.

Klaus Regling (Foto: dpa)
Der Chef des Euro-Rettungsschirms Klaus ReglingBild: picture-alliance/dpa

Wird mehr Geld benötigt, springt die eigens gegründete Zweckgesellschaft EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) ein. Sie nimmt im Namen aller 16 Euro-Länder Geld am Kapitalmarkt auf, indem sie Anleihen ausgibt und reicht es an finanzschwache Länder weiter - insgesamt bis zu 440 Milliarden Euro. Da die Zweckgesellschaft ein sehr gutes Rating hat, muss sie niedrige Zinsen bezahlen. Für das beispielsweise an Griechenland weitergereichte Geld, müssen die Griechen ebenfalls Zinsen bezahlen, die allerdings wesentlich niedriger sind, als die die sie auf dem freien Kapitalmarkt zahlen müssten. Und: Wer unter den Rettungsschirm schlüpft, muss sich im Gegenzug verpflichten seinen Haushalt zu sanieren.

Für die Euroländer hat es den Vorteil, das sie erstmal nicht selber in die Tasche greifen müssen, sondern lediglich für die Rückzahlung des Geldes garantieren, wenn die ausgegebenen Anleihen auslaufen. Erst wenn Griechenland dann seine Kredite nicht zurückzahlen kann, fließt tatsächlich ihr Geld. Dagegen verdienen sie sogar noch, wenn die Griechen ihre Schulden bezahlen können.

Der dritte Teil des Rettungsschirmes sind dann noch Hilfen des Internationalen Währungsfonds in Höhe von 250 Milliarden Euro.

Neue Lösung: Eurobonds als Ausweg?

Da inzwischen nicht mehr nur Griechenland am finanziellen Abgrund steht, sondern auch noch Irland, und da auch andere Länder wie Spanien, Portugal und Italien immer schwerer ihre Zinsen bedienen können, wird in Europa über weitere Rettungsaktionen nachgedacht. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker und Italiens Finanzminister Giulio Tremonti plädieren dabei für die Einführung sogenannter Eurobonds.

Brian Cowen (Foto: AP)
Der irische Premierminister Brian Cowen braucht den RettungsschirmBild: AP

Dafür müsste zuerst eine europäische Schuldenagentur gegründet werden, die Anleihen ausgibt, für die alle Euroländer gemeinsam haften. Hoch verschuldete Krisenländer würden dann niedrigere Zinsen bezahlen, als wenn sie alleine für ihre Anleihen garantieren. Damit sie sich nicht sorglos weiter verschulden, soll ein Anreizsystem für verschuldete Euroländer geschaffen werden, ihr Defizit abzubauen.

Nach dem Vorschlag sollen die Eurobonds nationale Staatsanleihen nur ergänzen, nicht ganz ersetzen. Jeder Staat würde nach dem Vorschlag künftig rund 40 Prozent seine Staatskredite über Eurobonds aufnehmen und den Rest in Form von nationalen Anleihen, die mit entsprechenden nationalen Zinsen verzinst werden. Auf diese Weise will Juncker die Spekulationen an den Finanzmärkten gegen den Euro dauerhaft stoppen. Durch Eurobonds soll also ein Teil der nationalen Schulden auf europäischer Ebene gebündelt werden.

Warum Deutschland dagegen ist

Jean-Claude Juncker (Foto: AP)
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker will über Eurobonds Spekulanten stoppenBild: AP

Für solide Länder wie Deutschland würde die Einführung von Eurobonds bedeuten, dass sie höhere Zinsen als derzeit bezahlen müssten. Außerdem würden sie für die Schulden anderer, die zuvor über ihre Verhältnisse gelebt haben, mithaften. Denn zurzeit bezahlt Deutschland etwa 1,73 Prozent Zinsen für seine Anleihen - Griechenland und Irland müssen bis zu acht Prozentpunkte mehr berappen. Mische man die Bonitäten der Euro-Länder, hieße das für jedes Land, ein Zinssatz von über 3,31 Prozent. Hört sich nicht viel an - etwa 1,58 Prozent mehr - da Deutschland allerdings sehr viel Geld aufnehmen muss, summiert sich der höhere Zins auf jährlich rund 17 Milliarden Euro, davon geht die Bundesregierung aus. Im Vergleich dazu: Alle Empfänger von Arbeitslosengeld erhalten zusammen 20 Milliarden Euro.

Außerdem fürchtet die Bundesregierung einen ständigen Streit über die Aufteilung zwischen "nationalen Schulden" mit teuren Zinssätzen und "Gemeinschaftsschulden" mit niedrigeren Zinsen. Umstritten ist auch, wie realistisch es ist, dass langfristig nationale Bonds neben europäischen bestehen können. So könnten Eurobonds dazu führen, dass die Zinssätze für portugiesische und spanische Staatsanleihen massiv in die Höhe getrieben werden. Wenn ein Großteil der Anleger in den vermeintlich sicheren Hafen einer europäischen Gemeinschaftsanleihe flüchten, würden neue Anleihen aus diesen Ländern unter Umständen gar nicht mehr gezeichnet. Im Endeffekt wären diese Länder zur Finanzierung ihrer Nettokreditaufnahme dann vollständig auf Eurobonds angewiesen.

Autor: Insa Wrede

Redaktion: Henrik Böhme