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Stichwort: Terrorismus

28. Januar 2007

Des einen Terrorist ist des anderen Freiheitskämpfer, heißt es. Wer von Terrorismus spricht, begibt sich selbst schnell in vermintes Gelände. Ein Versuch, den schwierigen Begriff systematisch und historisch einzugrenzen.

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Terroranschlag in Baalbeck, Libanon (Quelle: AP Photo)
Baalbeck im Libanon nach einem TerroranschlagBild: AP

Das Phänomen "Terrorismus" gab es auch schon lange vor dem 11. September 2001. Jedoch hat sich in den letzten Jahren der Charakter der terroristischen Organisationen und vor allem auch deren Zielsetzung stark verändert. Eine einheitliche Begriffsbestimmung ist schwierig. Da der Begriff stark wertend ist, ist er anfällig für politische Instrumentalisierung: Nicht selten sprechen die einen von Terrorismus, die anderen von Freiheitskampf.

Im Zentrum des Begriffs steht jedoch die Wahl der Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Die Studiengesellschaft für Friedensforschung München e.V. definiert den Begriff folgendermaßen: "Terrorismus beinhaltet planmäßig vorbereitete, schockierende Gewaltanschläge aus dem Untergrund gegen eine politische Ordnung. Sie sollen Unsicherheit, Angst und Schrecken, aber auch Sympathie und Unterstützungsbereitschaft erzeugen".

Nationaler Terrorismus

Bis in die siebziger Jahre agierte ein überwiegend nationaler Terrorismus. Täter und Opfer waren Angehörige des gleichen Staates oder sie unterlagen der gleichen staatlichen Gewalt. Die Terroristen selbst sahen sich als Guerillakämpfer oder Revolutionäre. Typisch für diese Form waren die baskische ETA, die IRA in Nordirland, die kurdische PKK oder auch die bundesdeutsche RAF. Viele der Gruppen verfolgten separatistische Ziele oder zielten – wie die RAF – auf einen Umsturz der gesellschaftlichen Ordnung. Eine internationale Zusammenarbeit beschränkte sich überwiegend auf die Logistik, wie zum Beispiel die Ausbildung, den Waffentransfer oder die Gewährleistung eines Unterschlupfs.

Internationalisierung

Der Übergang vom nationalen zum internationalen Terrorismus entwickelte sich schleichend. Die Ziele weiteten sich aus, Terroristen agierten zunehmend auch grenzüberschreitend oder attackierten im eigenen Land Ausländer oder ausländische Einrichtungen. Die Attentäter wollten damit zwar auf nationale Missstände aufmerksam machen, aber man erhoffte sich eine Solidarisierung auf internationaler Ebene. Die Welt sollte den lokalen Konflikt nicht länger ignorieren. Exemplarisch für

diese Art des Terrorismus waren palästinensische Organisationen wie die "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PELP), die Gruppe Abu Nidal oder die Organisation "Schwarzer September", die für das Attentat auf die Olympischen Spiele 1972 verantwortlich war.

Der transnationale Terrorismus als Perfektionierung

Während der internationale Terrorismus noch einen lokalen Bezugspunkt hatte, braucht ein transnationaler islamistischer Terrorist heute keine Verortung mehr. Das transnationale Terrornetz agiert wie ein multinationales Unternehmen. Meist kommen die Angehörigen aus arabischen Ländern, jedoch findet man auch Akteure aus Nordafrika bis Südostasien in den Reihen der Terroristen.

Ziel ist eine Änderung der internationalen Ordnung. Vor allem gilt es, die Vormachtstellung der USA zu brechen. Aber nicht nur Amerika gilt als Ziel des Terrors; auch Israel, Europa und Russland werden zum Feind erklärt. Al Qaida zieht eine globale Konfliktlinie zwischen die "Ungläubigen" und die "Rechtgläubigen".

Laut Bruce Hoffman, Autor des Buches "Terrorismus – der unerklärte Krieg" wurden bis heute mehr als 350 Selbstmordanschläge in mindestens 24 Ländern verübt. Bis vor zwei Jahrzehnten beschränkte sich dieses Phänomen weitgehend auf die Konfliktschauplätze im Nahen Osten. Ende der 1980er Jahre verbreitete sich der Selbstmordterrorismus dann über die Grenzen des Nahen und Mittleren Osten hinaus. Dabei spielte zunehmend die Religion eine große Rolle. Zurzeit gibt es 35 terroristische Organisationen, wovon 31 als islamistisch einzustufen sind. Nach dem 11. September waren allein 81 Prozent aller Anschläge diesen 31 Organisationen zuzuordnen.

Ute Köhler, Patricia Ogon und Silke Bauer, Studiengang Online-Journalismus, Hochschule Darmstadt