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Stichwort: Schloss von Versailles

Daphne Springhorn20. Januar 2003

Den Elysée-Vertrag schlossen Frankreich und Deutschland vor 40 Jahren in Paris. Gefeiert wird in diesen Tagen jedoch im Schloss von Versailles, ein für die deutsch-französischen Beziehungen geschichtsträchtiger Ort.

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Ort mit SymbolikBild: Illuscope
Glaspalast im Versailles Schloß
Glaspalast im Versailles SchlossBild: http://www.chateauversailles.fr

Versailles liegt in der Nähe der Metropole Paris. Das weitläufige Schloss wurde 1710 in der Herrschaftszeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. fertiggestellt. Es repräsentierte den Stolz der französischen Nation. Doch 1871 machte auch Deutschland sich diesen Ort zu eigen, der sich zum tragischen Symbol der wechselvollen Geschichte deutsch-französischer Beziehungen entwickelte.

Erniedrigende Symbolik

Vor seiner Reichsgründung 1871 bestand Deutschland aus kleinen souveränen Königreichen und Fürstentümern, die sich alle als deutsch betrachteten. Otto von Bismarck, Ministerpräsident des Königreichs Preußen, wollte die deutschen Länder einigen, um zu einer gleichberechtigten Macht neben England, Frankreich und Russland aufzusteigen. Bismarck provozierte einen Krieg mit Frankreich, nutzte den militärischen Sieg und gründete auf französischem Boden, im Schloss von Versailles, das Deutsche Kaiserreich. König Wilhelm IV. wurde dort am 18. Januar 1871 zum Deutschen Kaiser ausgerufen: eine Beleidigung für die französische Nation. Nicht nur der Ort, sondern auch das Datum war von Bismarck bewusst gewählt. Am 18. Januar 1701, also auf den Tag genau 170 Jahre zuvor, war Friedrich I. zum ersten König von Preußen gekrönt worden. Bismarck unterstrich mit der Wahl dieses Datums den Anspruch Deutschlands unter der Führung Preußens, zur vierten europäischen Großmacht aufzusteigen.

Friedensvertrag von Versailles wird unterzeichnet
Friedensvertrag von Versailles wird unterzeichnetBild: AP

Eine Demütigung, für die sich die Franzosen bitter revanchierten. Nachdem Deutschland im November 1918 den Ersten Weltkrieg verloren hatte, eröffneten die Siegermächte am 18. Januar 1919, 48 Jahre nach der Gründung des Deutschen Kaiserreichs, den Pariser Friedenskongress unter Ausschluss Deutschlands. Der in Versailles geschlossene Vertrag gab Deutschland die Alleinschuld am Ersten Weltkrieg. Den von vielen Deutschen als Knebelwerk empfundenen Vertrag kündigte Adolf Hitler 1935 einseitig auf.

Zeiten ändern sich

Der Elysée-Vertrag ist der erste Vertrag zwischen Frankreich und Deutschland, der in gegenseitigem Einverständnis geschrieben wurde. Ihn im Schloss von Versailles zu feiern heißt, den Ort, der einst von Frankreich und Deutschland zur Feier militärischer Siege genutzt und missbraucht wurde, zu einem Ort der Erinnerung für den europäischen Friedens- und Einigungsprozess umzuwidmen.