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Stichwort: Koka und Kokain

Steffen Leidel 25. November 2006
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Mann schnupft Kokain
In Europa steigt der KokainkonsumBild: dpa - Fotoreport

Archäologische Funde belegen, dass Kokablätter von den Menschen in den Anden seit über 5000 Jahren konsumiert werden. Die Inkas nutzten Kokaextrakt als örtliches Betäubungsmittel bei Gehirnoperationen.

Koka war und ist auch heute noch für die Andenvölker eine heilige Pflanze, die in vielen Ritualen Verwendung findet. Es ist unverzichtbare Opfergabe an die Pachamama, an die Mutter Erde.

Kauen macht wach

Beim so genannten "picchar" werden die Kokablätter in der Backe aufbewahrt. Die Blätter werden weniger gekaut, als zwischen den Zähnen zerdrückt. Oft wird Asche aus Bananenstauden oder Hirse, Kalk oder Bikarbonat dazu gegeben, um die Inhaltsstoffe des Blattes besser auszulösen. Das Kokablatt enthält neben den stimulierenden Alkaloiden auch viele Mineralstoffe wie Eisen, Kalzium, Phosphor sowie Vitamine A, B2 und E.

Das Kauen der Blätter hält wach, steigert die körperliche Leistungsfähigkeit, erhöht die Konzentrationsfähigkeit. Kokablätter schützen vor der Höhenkrankheit, stillen Hunger und Durst und helfen bei Verdauungsbeschwerden. Die Kokapflanze soll sich regulierend auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Bislang fehlen jedoch breit angelegte wissenschaftliche Untersuchungen über die gesundheitsfördernden Wirkungen der Kokapflanze.

Freud und das Kokain

Die spanischen Kolonialherren verteufelten zunächst die Kokapflanze wegen ihrer magisch-religiösen Bedeutung für die Ureinwohner. Später ließen sie Koka aber in Plantagen anbauen und machten sich die stimulierende Wirkung in den Bergwerken zunutze. Die Minenarbeiter waren leistungsfähiger, wenn sie Kokablätter zu sich nahmen. Kokakauen blieb stets eine Sache der indigenen Bevölkerung. In der weißen Oberschicht galt und gilt es bis heute als etwas Schmutziges, das den niederen Schichten vorbehalten war.

1859 gelang dem Göttinger Chemiker Albert Niemann aus den Blättern Alkaloide zu isolieren. Ab 1860 setzte ein regelrechter Kokain-Boom ein. Siegmund Freud konsumierte selbst Kokain und veröffentlichte 1884 seinen ersten Artikel über Kokain. 1886 ist die Geburtsstunde von Coca-Cola, ein alkoholfreies Getränk auf Kokabasis. Heute enthält Coca-Cola zwar kein Kokain mehr, die Blätter werden jedoch nach wie vor verwendet, um den typischen Geschmack zu erzielen (Aromen).

Fragwürdige Studie

Zwei peruanische Mediziner veröffentlichten Ende der 1940er Jahre ein Studie, wonach "die von Koka hervorgerufene Vergiftung (..) einer der Hauptfaktoren für die Rückständigkeit und Degeneration der indianischen Rasse" sei. Diese Studie wurde 1961 bei der Entscheidung, Koka auf die UN-Liste der verbotenen Substanzen zu stellen, berücksichtigt.

Die Wiener Konvention von 1988 erkennt die traditionelle Verwendung in Peru und Bolivien inzwischen als legitim an. Mitte der 1990er Jahre erklärte eine Studie der WHO den Konsum von Kokatee und das Kauen der Blätter für "gesundheitlich unbedenklich". Doch zu einer Legalisierung der Kokapflanze kann sich die internationale Gemeinschaft nicht durchringen. Vor allem die USA fürchten, es könne dann zu einem Dammbruch in der Verbreitung von Koka kommen.

Für ein Kilogramm Kokain benötigt man etwa 300 Kilogramm Kokablätter sowie große Mengen an Chemikalien wie Schwefelsäure, Salzsäure, Äther, Karbonate sowie Kerosin.