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Serbiens sieche Wirtschaft

Filip Slavkovic7. Oktober 2003

Schattenwirtschaft, die Milosevic-Clique und Hochrüstung haben Serbiens marode Ökonomie nach dem verlorenen Krieg gegen die NATO fast kollabieren lassen. Seit drei Jahren hat sich an dieser Misere wenig verändert.

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Die Grenzen Serbien-Montenegros sind klar - die wirtschaftliche Zukunft dagegen wenigerBild: AP

Serbien befinde sich in so einem maroden Zustand, dass das Land eigentlich sofort den Bankrott erklären müsse. So beschrieb ein Regierungsmitglied im Herbst 2000 - kurz nach dem Sturz Slobodan Milosevics vor drei Jahren - die Lage der Staatsfinanzen und der Wirtschaft. Das Erbe der Milosevic-Ära zeigte sich damals in vollem Ausmaß. Unter seiner Herrschaft grassierte die Vetternwirtschaft, die Misere drängte viele in die Schwarzarbeit, der Staatshaushalt litt unter den horrenden Militärausgaben und die internationalen Sanktionen gaben der Wirtschaft den Rest. Heute ist die Krise in Serbien zwar gemildert, aber dennoch hat das Land noch einen langen Weg zum gewünschten Aufschwung zurückzulegen.

Inflation und Schwarzarbeit

Für die erste demokratische reformorientierte Regierung in Serbien war der Neubeginn nach dem Sturz Milosevics schwer: Sie hatte mit einer extrem hohen Inflationsrate, einer schwachen Währung, Schwarzarbeit, illegalen Importen und kaum vorhandenen Exporten zu kämpfen. Ziel der DOS-Regierung sei es gewesen, eine moderne Marktwirtschaft aufzubauen, sagt der serbische Wirtschafts- und Privatisierungsminister Aleksandar Vlahovic. Schon am Anfang habe man deswegen drei Strategien definiert, um die Strukturen der serbischen Wirtschaft effizienter und wettbewerbsfähiger zu machen: "Die Privatisierung der bestehenden Unternehmen, den Aufbau eines neuen mittelständischen Sektors und die Schaffung besserer Geschäftsbedingungen, um mehr Auslandsinvestitionen ins Land zu holen", zählt Vlahovic auf.

Die anfänglich große Sympathie, die die freundlichen, jungen und cleveren Reformer der DOS-Regierung im Ausland genossen, ebnete den Weg für erste Erfolge. Binnen eines Jahres fiel das Wirtschaftsembargo, das Land wurde in die wichtigsten internationalen Finanzgremien aufgenommen und ein beachtlicher Teil der Staatsschulden erlassen. Zudem flossen hunderte Millionen Euro Direkt-Hilfen nach Serbien und neue milliardenschwere Kredite wurden gewährt.

Den Schwung verloren

Bald aber kamen die Reformen in Jugoslawien ins Stocken. Die Föderation wurde in den Staatenbund Serbien-Montenegro umgewandelt - einen Staatenbund auf Zeit, denn die Führung in Montenegro will nach wie vor die völlige Unabhängigkeit von Belgrad. Zudem hat sich die regierende DOS-Koalition in Serbien zerstritten. Zwei Parteien sind aus der Regierung ausgestiegen.

Der größte Rückschlag war jedoch die Ermordung von Ministerpräsident Zoran Djindjic im März 2003. Er war die Leitfigur der Wende. Wirtschaftsexperten halten die politische Instabilität für eines der größten Probleme. Die anfängliche Euphorie ist nun verflogen. Die Experten diskutieren derzeit, ob am Ende des Jahres ein Wirtschaftswachstum von rund 2,5 oder eher ein Minus von 3,5 Prozent erwartet werden kann. Fest steht hingegen: Serbien hat ein Außenhandelsdefizit von rund 35 Prozent. Denn das Land exportiert nach wie vor weitaus weniger als es importieren muss.

Staatliche Unternehmen im Angebot

In Belgrad ist man sich einig, dass die ausländischen Investitionen schnell kommen müssen. Bisher sind rund 900 staatliche Unternehmen verkauft worden, mit einem Gesamtgewinn von rund 1,4 Milliarden Dollar. Die Teilprivatisierung der großen Elektrizitätswerke und der Ölindustrie sowie die Vollprivatisierung der Serbischen Telekom werden frühestens für das nächste Jahr erwartet. Ängste, dass nun der große Ausverkauf des Landes beginnen werde, weist Wirtschaftsminister Vlahovic zurück. Er sieht in der Privatisierung eine große Chance. "Wenn man unsere Lage mit dem Anfang der Reformen in anderen Ländern vergleicht, sieht man, dass auch dort das Handelsdefizit eines der Hauptprobleme war." Doch nach der Öffnung eines Landes für die ausländischen Investoren und nach der Privatisierung habe sich oft gezeigt, dass gerade diese ausländischen Investoren später die größten Exporteure geworden sind, gibt sich der Wirtschaftsminister optimistisch.