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Schattenhaushalt ade, Wehrpflicht verkürzt

23. Oktober 2009

Mit einem Schattenhaushalt wollten Union und FDP ihre versprochenen Steuersenkungen finanzieren. Doch jetzt haben die künftigen Regierungspartner das Haushaltswundermittel verworfen – es ist wohl nicht verfassungsgemäß.

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Guido Westerwelle, Angela Merkel, Horst Seehofer (Foto: AP)
Traumstart geht anders: nach massiver Kritik war die Schatten-Idee vom TischBild: a

So überraschend wie sie auftauchte, so schnell verschwand sie auch wieder in der Versenkung: die Idee der künftigen Regierungspartner Union und FDP, Löcher bei den Sozialkassen mit Milliardenkrediten aus einem Schattenhaushalt zu finanzieren. Das wird nun nicht geschehen, aber die Beiträge zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung steigen trotzdem nicht.

Für das nächste Jahr wird das krisenbedingte 20-Milliarden-Minus bei der Sozialversicherung aus dem ordentlichen Haushalt ausgeglichen, verkündete der noch amtierende Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere, der als künftiger Finanzminister im Gespräch ist: "Wir möchten einen Schutzschirm aufspannen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieses Landes, damit ihre Beiträge in der Krise nicht höher werden."

Verheerendes Echo

Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere Kanzleramt (Foto: dpa)
Will einen Schutzschirm aufspannen: Kanzleramtsminister de MaiziereBild: dpa

Der Plan, einen Schattenhaushalt zur Vermeidung von unpopulären Beitragserhöhungen einzurichten, hatte ein verheerendes Echo unter Fachleuten und in den deutschen Medien hervorgerufen. Von üblen Tricks und schwarzen Kassen war die Rede. Unter diesem Druck ließen die Koalitionspartner den Plan offenbar fallen wie eine heiße Kartoffel. Öffentlich hieß es jedoch, ausschlaggebend für den Rückzieher seien letztlich verfassungsrechtliche Bedenken gewesen. Erst vor wenigen Monaten hatte man in das deutsche Grundgesetz eine sogenannte Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte eingebaut.

Die nun notwendigen Milliardenzuwendungen aus dem Haushalt werden die Staatsverschuldung sichtbar erhöhen. Außerdem fällt es der künftigen Regierung schwerer, die im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen zu finanzieren, die besonders von der FDP gefordert werden.

Sechs Seiten Dissens

Marschierende Soldaten (Foto: dpa)
Junge Männer müssen künftig wohl nicht mehr so lange dienenBild: picture-alliance/ dpa

In der Endphase der Koalitionsverhandlungen gibt es noch eine ganze Reihe strittiger Punkte, räumte der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Donnerstag (22.10.2009) ein: "Die Dissens-Liste hat ungefähr zurzeit sechs Seiten und jetzt hilft nur ein altbewährtes Mittel: Köpfe zusammenstecken, bis sie rauchen und Ergebnisse produzieren."

Ein Kompromiss ist offenbar beim Thema Wehrpflicht gefunden: statt neun Monaten sollen die Rekruten ab 2011 nur noch sechs Monate dienen. Die FDP wollte ursprünglich den Wehrdienst gänzlich abschaffen. 2008 wurde nur noch 15 Prozent aller jungen Männer eines Jahrganges zum Militär herangezogen. Das sei ungerecht, meinen die Liberalen. Kanzlerin Merkel hält dagegen die Wehrpflicht für eine wichtige Klammer zwischen Bevölkerung und Streitkräften. Die Bundeswehr zählt derzeit rund 250.000 Soldaten. Zu ihren Aufgaben gehören immer häufiger Auslandseinsätze, zu denen normale Wehrpflichtige nicht herangezogen werden. Viele Experten fordern deshalb auch in Deutschland anstelle der Wehrpflichtigenarmee eine Berufsarmee. Am Wochenende will die Koalition ihren fertigen Vertrag vorlegen.

Autor: Bernd Gräßler

Redaktion: Manfred Götzke