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Rückkehr der Sozialisten

Andrej Smodiš4. März 2004

Das serbische Parlament hat am Mittwoch (3.3.) eine neue Regierung gewählt. Dabei lässt sich der neue Premier Vojislav Koštunica von der Sozialistischen Partei des Ex-Diktators Slobodan Miloševic unterstützen.

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Was kostet eine neue Regierung? Eine schwierige Frage? Aber nein, nicht in Belgrad. Der Preis der neuen serbischen Regierung steht fest: 100 Millionen US-Dollar. Dies ist nämlich der Betrag, den der US-Kongress als Wirtschaftshilfe für Serbien bereithält, zahlbar am 31. März. Und das sind genau die 100 Millionen Dollar, die Serbien nicht bekommen wird.

Belgrad wird auf dieses hübsche Sümmchen verzichten müssen - immerhin zweieinhalb Prozent des Staatshaushalts. Denn die Kongressabgeordneten und Senatoren in Washington knüpfen eine Bedingung an die Finanzspritze: Belgrad muss mit dem Jugoslawien-Tribunal in Den Haag zusammenarbeiten. Der Kongress verlangt sogar ausdrücklich Hilfe bei der Auslieferung des bosnischen Serbengenerals Ratko Mladic.

Keine internationale Zusammenarbeit

Eine solche Zusammenarbeit aber wird es nicht geben. Der neue Regierungschef, Vojislav Koštunica, wollte schon als jugoslawischer Präsident vor drei Jahren die Auslieferung von Slobodan Miloševic an das Jugoslawien-Tribunal verhindern. Und letzte Woche hat der neue Premier bekräftigt, dass ihm nichts ferner liegt als die Kooperation mit Den Haag. Ab heute ist diese Haltung sozusagen amtlich: Die neue Minderheitsregierung wurde nur mit Unterstützung der Miloševic-Partei SPS gewählt. Und die SPS wird dieses Bündnis sofort beenden, sobald es zu einer Auslieferung von Angeklagten an das Jugoslawien-Tribunal kommen sollte. Das ist die offizielle Linie.

Damit ist erst einmal eine große Pause ausgerufen in den Beziehungen zu den USA und der EU. Es wird nicht bei den 100 Millionen entgangener Wirtschaftshilfe bleiben. Auch die EU-Außenminister sind besorgt über die Entwicklung in Belgrad - die Mittel aus Brüssel werden nicht mehr üppig fließen. Einige US-Experten sprechen sogar von möglichen Wirtschaftssanktionen.

Nationalstolz gegen Armut

Was kann Koštunica den Menschen in Serbien unter diesen Bedingungen bieten? Nun, ein starkes Gefühl "Wir gegen den Rest der Welt", ganz populistisch-national. Das haben in den letzten 15 Jahren viele Politiker in Serbien ihren Leuten vermittelt. Und das werden die Menschen auch brauchen, würde ein Zyniker sagen: In dieser Solidarität lassen sich steigende Preise, hohe Arbeitslosigkeit und vermehrte Armut vielleicht besser ertragen. Denn genau das erwartet die Menschen in Serbien: mehr Leid und das für längere Zeit. Ohne massive Wirtschaftshilfe aus dem Westen kann sich das Land nicht aus der Armut befreien.

Sobald Serbien bereit ist, sich mit den Ursachen der Balkankriege auseinanderzusetzen und auch die internationale Gemeinschaft in diese Diskussion miteinzubeziehen, wird die Hilfe zur Selbsthilfe fließen. Solange Koštunica sich mit Leuten wie Miloševic, Karadzic und Mladic solidarisiert, bleibt Serbien isoliert und arm. Die Wahl sollte eigentlich nicht schwerfallen.

Selbstsucht statt Wohlstand

Aber vielleicht spekuliert der neue Premier darauf, dass er die Demokraten dieser Welt vor einer viel schlimmeren Alternative im serbischen Parlament bewahrt: vor der Radikalen Partei, SRS. Diese propagiert schließlich immer noch die Vergrößerung Serbiens auf Kosten der Nachbarn. Doch wenn Koštunica auf diese Karte setzt, hat er sich in Washington und Brüssel verrechnet, denn er bräuchte die Miloševic-Partei nicht, es gibt ja noch eine demokratische Alternative im Parlament.

Übrig bleibt ein selbstsüchtiger Regierungschef, der sich lieber mit einem Ex-Diktator verbündet. Und der damit das Volk in Serbien vom Wohlstand fernhält.