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Russlands Parteien

20. November 2008

Drei außerparlamentarische Kräfte haben sich in Russland zur neuen Partei "Rechte Sache" zusammengeschlossen. Kritiker sehen darin den Versuch des Kreml, das regierungsnahe Lager zu verstärken.

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Ziel ist Einzug in die nächste StaatsdumaBild: Maksim Nelioubin

In Russland wollen drei Parteien künftig ihre Kräfte für einen Einzug in das russische Parlament bündeln. Sie beschlossen, eine neue liberale Partei namens "Rechte Sache" zu gründen. Zuvor lösten sich die rechtsgerichteten Parteien "Union Rechter Kräfte" (SPS), "Demokratische Partei" und "Bürgerkraft" selbst auf.

Die Delegierten der SPS kamen auf ihrem Kongress zum Schluss, dass die "demokratiefeindlichen Tendenzen in Russland anhalten und sogar noch zunehmen". Das Land brauche eine effektive Partei, die Wahlen gewinnen könne, wozu die SPS nicht mehr in der Lage sei. Deswegen werde man sich an der Bildung der neuen Partei "Rechte Sache" beteiligen. 97 von 108 Delegierten stimmten schließlich für die Auflösung der SPS. Dagegen trat unter anderem der ehemalige SPS-Vorsitzende Boris Nemzow auf. "Im Grunde genommen ist nun die letzte liberale unabhängige Partei in Russland von den eigenen Parteimitgliedern vernichtet worden", sagte er der Deutschen Welle.

Die 2001 gebildete SPS war in früheren Jahren eine Säule des politischen Establishments und fungierte lange als Oppositionspartei. Sie wurde vom früheren Erdöl-Magnaten Michail Chodorkowskij bis zu seiner Verhaftung 2003 mitfinanziert.

Die "Demokratische Partei" war in ihrem Gründungsjahr 1990 die einzige bestehende politische Alternative zur Kommunistischen Partei. Sie verlor aber nach dem Zerfall der Sowjetunion die Unterstützung in der Bevölkerung. Die Bürgerkraft war 2004 unter dem Namen "Freies Russland" entstanden.

Neue Partei versteht sich nicht als Opposition

An dem Gründungskongress der "Rechten Sache" am 16. November nahmen 279 Delegierte aus 79 Regionen des Landes teil. Als Vorsitzende der neuen Partei wurden gewählt: Boris Titow, Vorsitzender der gesellschaftlichen Organisation "Delowaja Rossija (Russlands Geschäftswelt)", bisher Mitglied der Partei "Bürgerkraft", Georgij Bowt, Politologe und bisher Mitglied der "Demokratischen Partei", sowie Leonid Gosman, bisher amtierender Vorsitzender der SPS.

Mitgliedern der neuen politischen Kraft zufolge sind "Freiheit, Marktwirtschaft und Demokratie" zentrale Bestandteile des Programms. Die neue Partei versteht sich nicht als Opposition. Redner auf dem Gründungskongress machten deutlich, dass politische Veränderungen in Russland gegen den Widerstand des Kreml ohnehin nicht durchsetzbar sind.

Nemzow bezeichnet die Partei deswegen als ein "Kreml-Projekt", das ein riesiger Fehler sei: "Menschlich gesehen, weil sich Menschen zu politischen Marionetten machen lassen, und ideologisch gesehen, weil demokratische Parteien, die liberale Werte vertreten wollen, keine Gemeinsamkeiten mit dem Kreml haben, der für Zensur, Kontrolle und internationale Isolation steht." Die Partei und deren Vertreter würden sich finanziell vom Kreml abhängig machen. Die Staatsmacht brauche die Partei lediglich, um die öffentliche Meinung manipulieren zu können. "Im Lande gibt es kein politisches Leben, keine unabhängige Parteienfinanzierung, keinen Zugang zu elektronischen Medien, keine fairen Wahlen, dafür gigantische administrative Ressourcen", beklagt Nemzow im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Kreml-Kritiker lehnen Zusammenarbeit ab

Einer der Vorsitzenden der neuen Partei, Leonid Gosman, erklärte mit Blick auf die nächste Parlamentswahl 2011, dass die "Rechte Sache" ein Wählerpotenzial von acht Prozent habe. Die drei fusionierten Parteien hatten bei der letzten Dumawahl im Dezember 2007 zusammen einen Stimmenanteil von zwei Prozent erreicht. Für den Einzug ins Parlament gilt in Russland eine Sieben-Prozent-Hürde. In der Duma verfügt derzeit die Partei "Einiges Russland" von Premier Wladimir Putin über eine breite Zwei-Drittel-Mehrheit.

Dem starken Kreml-Lager im Parlament hat die russische Opposition wegen ihrer Zerrissenheit bisher kaum etwas entgegensetzen können. Die kreml-kritische Opposition, darunter Teile der nun aufgelösten SPS sowie die Partei "Jaboloko", aber auch die Bewegungen von Garri Kasparow und Michail Kasjanow lehnen eine Zusammenarbeit mit der neuen Partei "Rechte Sache" ab. Sie werfen den "Abweichlern" Kapitulation vor der Staatsmacht vor. Kasparow bezeichnete die Gründung der neuen Partei sogar als "Kreml-Marionettentheater". (mo)