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Der Runde Tisch

22. April 2010

Der Runde Tisch der Bundesregierung zum Thema Kindesmissbrauch nimmt an diesem Freitag seine Arbeit auf. Er soll helfen, Missbrauchsfälle in Zukunft zu verhindern und Präventivmaßnahmen einzurichten.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (rechts) beantworten Fragen auf einer Pressekonferenz. (Foto: dpa)
Das Minister-Trio gegen Missbrauch: Schavan, Leutheusser-Schnarrenberger und Schröder (v.l.)Bild: picture alliance/dpa

An dem Runden Tisch nimmt neben Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) auch die neu berufene Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Christine Bergmann (SPD), teil.

Als Präventivmaßnahme sollen nach Vorbild der Berliner Charité Anlaufstellen für Pädophile eingerichtet werden, die bisher nicht straffällig geworden sind und wegen ihrer Neigung Hilfe brauchen. Diese Anlaufstellen sollen an jeder Universitätsklinik in Deutschland aufgebaut werden. Zusätzlich soll es bundesweit anonyme Anlaufstellen für Opfer geben, die Hilfe und Beratung bieten. Darüber hinaus soll auch über einen Entschädigungsfonds für Opfer nachgedacht werden.

Koalition fordert härte Strafen

Die frühere Familienministerin Christine Bergmann (SPD) (Foto: dpa)
Die neue Missbrauchsbeauftragte: Christine BergmannBild: picture alliance / dpa

In einem Zeitungsbericht der "Neue Osnabrücker Zeitung" hieß es, die Bundesregierung wolle die Strafverfolgung bei Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verschärfen. So sollen bei Sexualdelikten in der Regel keine schriftlichen Strafbefehlsverfahren mehr zu führen sein. Damit sollen sich die Täter in Zukunft immer in öffentlicher Verhandlung vor Gericht verantworten müssen. Zudem sollen Entschädigungsansprüche der Missbrauchsopfer nicht mehr nach drei, sondern erst nach 30 Jahren verjähren.

Bisher wird sexualler Missbrauch an Minderjährigen mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafen geahndet. Trotzdem hätten derartige Straftaten immer noch den Charakter eines Kavalierdeliktes, betonen die rechtspolitischen Sprecher Christian Ahrendt (FDP) und Michael Grosse-Brömer (CDU).

Kinderrechte ins Grundgesetz

Die neue Missbrauchsbeauftragte Bergmann forderte eine Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. "Das würde der Gesellschaft zeigen, dass Kinder eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten sind", sagte sie der "Passauer Neuen Presse".

Weiterhin verlangte Bergmann eine bessere Hilfe für die Betroffenen. Meist gehe es den Opfern nicht um finanzielle Entschädigung, sondern um gesellschaftliche Anerkennung ihres Unrechts oder Unterstützung bei der Suche nach einer Psychotherapie.

Bergmann soll in ihrem neuen Aufgabengebiet nach Darstellung von Familienministerin Schröder mit Opfern sprechen und so zur Aufklärung der häufig bereits strafrechtlich verjährten Fälle beitragen.

Bergmann wird nicht juristisch ermitteln, dafür sind die Staatsanwälte zuständig. Sie soll nach Möglichkeiten der Hilfe, des Ausgleichs und der Entschädigung suchen.

Schnellere Zusammenarbeit zwischen Justiz und Kirche

Vor dem Zusammentreffen am Runden Tisch am Freitag (23.04.2010) kamen die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zu einem Gespräch zusammen. Bei dem Treffen war man sich schnell über die Themen des Runden Tischs einig. Ziel der vom Justizministerium geleiteten Arbeitsgruppe sei es, in Missbrauchsfällen zu einer schnelleren Zusammenarbeit zwischen der katholischen Kirche und der Justiz zu kommen und Wege zu finden, das Leid der Opfer anzuerkennen.

Ein Erzbischof trägt beim Katholikentag in sein Kreuz über dem Bischofsgewand. (Foto: ap)
Seit Anfang des Jahres kommen immer mehr Missbrauchsfälle ans LichtBild: AP

Familienministerin Schröder hat noch eine weitere Idee: "Wir wollen die Vernetzung zwischen Ärzten und Jugendämtern verbessern, indem Ärzte in den Fällen von ihrer Schweigepflicht entbunden werden, in denen sie Anzeichen von Missbrauch oder Misshandlung bei Kindern feststellen", sagte die Familienministerin der "Rheinischen Post".

Die Ministerin sprach sich auch dafür aus, dass Mitarbeiter in der Jugendhilfe ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen. "Nur so kann man sicher sein, dass sie in der Vergangenheit keinerlei nachgewiesene Straftaten in Bezug auf Kinderpornographie oder sexuellen Missbrauch begangen haben," so die Ministerin. Die Maßnahmen will Schröder im Rahmen des geplanten neuen Kinderschutzgesetzes umsetzen.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Silke Wünsch