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Religion als Schulfach

6. August 2009

In russischen Schulen soll es künftig ein Angebot von verschiedenen Religionsfächern geben. Präsident Dmitrij Medwedjew unterstützt damit einen Vorstoß von Vertretern der in Russland traditionell bestehenden Religionen.

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Kathedrale im Moskauer KremlBild: picture-alliance

Bereits im Jahr 2002 war in Russland ein Versuch unternommen worden, das Unterrichtsfach "Orthodoxie" in russischen Schulen einzuführen. Der Vorstoß kam vom damaligen Bildungsminister Wladimir Filippow. Aber die Öffentlichkeit reagierte auf die Initiative eher negativ. Die Einführung des neuen Schulfachs wurde gestoppt. In den Jahren 2005 und 2006 wurde dann allerdings in einigen Regionen Russlands das Unterrichtsfach "Grundlagen der orthodoxen Kultur" zugelassen. Dabei handelt es sich nicht um ein Pflichtfach, und der Besuch des Unterrichts erfolgt freiwillig. Trotzdem ging durch das Land wieder eine Welle der Ablehnung und es schien, als würde die Position der Religionen in den Schulen nicht weiter gefestigt.

Medwedjew fördert Religionsunterricht

Die Lage änderte sich im Juni 2009. Bei einem Treffen mit Vertretern von Religionen, die in Russland traditionell bestehen, erklärte Präsident Dmitrij Medwedjew, er unterstütze die Idee, in Schulen die Grundlagen religiöser Kultur und weltlicher Ethik zu lehren. "Ich halte es für möglich, in einigen Regionen die Lehre der Grundlagen religiöser Kultur zu testen", so das russische Staatsoberhaupt. Danach werde man die Erfahrungen im gesamten Land anwenden können, möglicherweise ab dem Jahr 2012, sagte Medwedjew.

Russland Tatarstan Land und Leute Kreml in Kasan
Neue Moschee in KasanBild: J. Sorges

Der Präsident teilte mit, vorgesehen sei, dass Schüler und Eltern künftig selbst zwischen drei Varianten wählen könnten. Im Rahmen der ersten Variante müsse man sich für eines von vier Angeboten entscheiden: für einen Unterricht in den Grundlagen der orthodoxen Kultur, der muslimischen Kultur, des Judaismus oder des Buddhismus. Die zweite Variante richtet sich an diejenigen, die sich nicht an eine der genannten Religionen binden möchten. Sie sieht einen allgemeinen Kurs über die Geschichte der größten Religionen vor. Und die dritte Variante ist ein Unterricht in den Grundlagen der weltlichen Ethik.

Schüler müssen sich entscheiden

Die neuen Fächer sollen in den russischen Schulen auf freiwilliger Basis eingeführt werden, aber sich ganz von ihnen zu befreien, werde nicht möglich sein, sagte der Dozent der Moskauer Geistlichen Akademie, Protodiakon Andrej Kurajew. "Sie haben den Status von Pflichtfächern", betonte er. Er fügte allerdings hinzu: "Die Schüler werden eine Wahlmöglichkeit haben. Aber sie müssen eben eine Wahl treffen."

Dass dabei die Orthodoxie in Russland eine sehr viel stärkere Position habe als der Islam, Judaismus oder Buddhismus, sei klar, so Kurajew. "Bei uns sind die Religionen vor dem Gesetz gleichberechtigt, Gott sei Dank. Aber kein Gesetz kann die Religionen angesichts der Kultur und Geschichte Russlands gleich machen", so der Protodiakon.

Um die Fächer in den Schulen einzuführen, müssen zunächst Unterrichtspläne erarbeitet, Lehrbücher verfasst und Lehrer geschult werden. Theologen solle es an Schulen keine geben, unterstrich Medwedjew. Aber man werde sie bei der Erarbeitung von Lehrplänen hinzuziehen. Orthodoxe Priester halten es für möglich, dass die Vorbereitungen rasch abgeschlossen werden könnten, um das neue Unterrichtsfachs schon ab dem 1. September 2010 einzuführen.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann