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Politischer Drahtseilakt

Priya Esselborn20. November 2006

Trotz verbesserter Handelsbeziehungen sind die politischen Gräben zwischen Indien und China vor dem Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao nach wie vor tief. Und dann reist Jintao auch noch nach Pakistan weiter.

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Porträtbild eines lachenden Hu Jintao
Der chinesische Präsident Hu Jintao bereist Indien und PakistanBild: AP

2006 wird von Indien und China als Jahr der Freundschaft begangen - mit vielen kulturellen Veranstaltungen, gegenseitigen Einladungen hochrangiger Wirtschaftsdelegationen und nun, als Höhepunkt, mit dem Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao. Seit jeher sind vor allem die politischen Beziehungen zwischen den Nachbarn kühl und von Misstrauen geprägt - trotz einer deutlichen Entspannung in den letzten Jahren.

Andauernde Grenzstreitigkeiten

1962 fochten beide Länder einen kurzen, aber heftigen Krieg aus. China drang damals weit in den heutigen nordöstlichen indischen Bundesstaat Arunachal Pradesh ein und bekräftigt bis heute diese Ansprüche auf über 90.000 Quadratkilometer Land. Sujit Dutta vom Institut für Verteidigungsstudien und -analysen Indiens in Neu Delhi glaubt, dass die Zugehörigkeit Arunachal Pradesh bereits vor langer Zeit geregelt wurde und eigentlich schnell eine Lösung für den Grenzkonflikt gefunden werden könnte.

"Die Position Chinas ist die, dass dieses riesige Territorium einst keinem der beiden Länder zugeordnet war. Indiens Standpunkt ist aber, dass die Menschen dort weder chinesischer noch tibetischer Herkunft sind", sagt Dutta. Der Anspruch sei aus indischer Sicht bereits 1914 geregelt worden zwischen Tibet und dem damaligen Britisch-Indien, wonach die so genannte McMahon-Grenzlinie gezogen worden sei. "Natürlich sind die Menschen, die dort leben, mal mehr und mal weniger in den Einfluss der jeweiligen Königreiche geraten. Ich denke, am allerwichtigsten ist aber, dass die Menschen dort indischer Herkunft sind."

Gegenseitiges Potential erkannt

Blick auf die Hochhauslandschaft Pekings
Blick auf eine boomende Wirtschaft - China möchte ein bilaterales Freihandelsabkommen mit Indien abschließenBild: AP

China und Indien sind vor anderthalb Jahren eine strategische Partnerschaft eingegangen. Immer wieder betonen beide Seiten daher wie wichtig gute bilaterale Beziehungen sind, um die globalen Kräfteverhältnisse zu ihren Gunsten zu formen und einen wichtigen Beitrag zu Stabilität, Entwicklung und Frieden in Asien und der Welt zu leisten. Als aufstrebende Wirtschaftsmächte mit Traumwachstumsraten von bis zu zehn Prozent jährlich haben beide Staaten ihr gegenseitiges Potenzial erkannt.

Doch dem Vorschlag Chinas, ein bilaterales Freihandelsabkommen zu verwirklichen, steht Indien eher skeptisch gegenüber, "wahrscheinlich weil das Freihandelsabkommen in erster Linie China begünstigen würde," sagt Wirtschaftsexperte Hanns Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik, "denn China ist ein sehr wettbewerbsfähiger Exporteur von arbeitsintensiv gefertigten Industriewaren und Indien kann dem relativ wenig entgegensetzen."

China will auch enge Zusammenarbeit mit Pakistan

Nach seinem Aufenthalt in Indien reist der chinesische Präsident Hu Jintao nach Pakistan weiter. Auch hier wird er drei Tage verbringen. China möchte damit jede Art von Konkurrenzdenken zwischen Indien und Pakistan unterbinden und - so vermuten es Experten - den Eindruck der Bevorzugung Pakistans gegenüber Indien vermeiden.

Der Besuch von Präsident Hu Jintao in Pakistan wird in Indien genauestens beobachtet, da China nach dem indisch-amerikanischen Nukleardeal, der Indien de facto als Atommacht anerkennt, auf atomarer Ebene noch enger mit Pakistan zusammenarbeiten will. Es heißt, dass Pakistan und China kurz vor der Unterzeichnung eines bilateralen Freihandelsabkommens stehen.

Für China geht es bei derartigen Abkommen um die Sicherung von Absatzmärkten und Ressourcen, für Pakistan geht es politisch und wirtschaftlich um viel mehr. "Die Pakistaner sagen sich, lieber binden wir uns an China als an Indien. Zumal der politische Konflikt zwischen Indien und Pakistan noch lange nicht gelöst ist," meint Wirtschaftsexperte Hilpert. Obwohl beide Länder Mitglieder der WTO angehörten und beide auch das südasiatische Freihandelsabkommen unterzeichnet hätten, handelten sie faktisch nicht miteinander.

China, Indien und Pakistan - drei Staaten, deren Beziehungen zueinander die Zukunft Südasiens und Asiens seit jeher bestimmt haben und bestimmen werden. Von der Reise des chinesischen Präsidenten Hu Jintao hängt also eine ganze Menge ab.