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Kurzer Prozess für Lynndie England?

2. Mai 2005

Es verspricht ein kurzes Verfahren gegen die bekannteste Figur des Folterskandals im Gefängnis Abu Ghraib zu werden: Die angeklagte Lynndie England und die Staatsanwaltschaft haben sich auf einen Deal geeinigt.

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Sie hat sich schuldig bekanntBild: dpa

Schon vor Beginn des Prozesses gegen die US-Soldatin Lynndie England hatten Verteidigung und Anklage die Weichen für eine möglichst kurze Hauptverhandlung gestellt. Die wegen Gefangenenmisshandlungen im irakischen Gefängnis Abu Ghraib angeklagte Reservistin bekannte sich am Montag (2.5.2005) bei der letzten Anhörung vor einem Militärgericht in Fort Hood in Texas in den meisten Punkten schuldig. Sie will auf diesem Weg die drohende Höchststrafe von sechzehneinhalb Jahren umgehen und hofft auf eine Strafmilderung um fünfeinhalb Jahre. Im Gegenzug wird die Staatsanwaltschaft voraussichtlich zwei Anklagepunkte fallen lassen.

Gefängnis Abu Ghraib in Bagdad
Gefängnis Abu Ghraib in BagdadBild: AP

Verschwörung, Misshandlung, Pflichtversäumnis

Die Anwälte der 22-jährigen Obergefreiten äußerten die Erwartung, dass der Übereinkunft auch der Richter, Oberst James Pohl, zustimmen werde. England bekennt sich demnach in sieben Anklagepunkten schuldig: Verschwörung in zwei Fällen, Misshandlung von Gefangenen in vier Fällen und Pflichtversäumnis in einem Fall. Die Vorwürfe von unzüchtigen Handlungen und Befehlsmissachtung würden fallen gelassen, sagte ihr Verteidiger Rick Hernandez, der außerdem psychische Probleme bei England strafmindernd geltend machen will. Der Handel mit der Staatsanwaltschaft sei im besten Interesse seiner Mandantin. Der Handel ermögliche es auch, den Prozess auf wenige Tage zu beschränken.

England wurde durch die Fotos aus dem Gefängnis, die vor einem Jahr weltweite Entrüstung ausgelöst hatten, zur bekanntesten Figur des Skandals. Bilder von England mit gedemütigten irakischen Gefangenen hatten in der ganzen Welt für Schlagzeilen gesorgt. Auf diesen Aufnahmen ist zu sehen, wie England lächelnd auf die Genitalien eines Häftlings zeigt und einen Gefangenen an einer Hundeleine führt. Sie soll außerdem gemeinsam mit anderen Soldaten nackte Häftlinge zu einer menschlichen Pyramide aufgetürmt und sie anschließend fotografiert haben.

Bisher sechs Urteile

Charles Graner auf dem Weg zur Urteilsverkündung im Abu-Ghraib-Folterskandal
Charles Graner auf dem Weg zur Urteilsverkündung im Abu-Ghraib-FolterskandalBild: AP

Wegen der Folter in Abu Ghraib wurden bisher sechs einfache Soldaten zu Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren verurteilt. Im Januar hatte das Militärgericht in Fort Hood den Soldaten Charles Graner wegen der Misshandlungen in Abu Ghraib zu zehn Jahren Haft verurteilt. Graner soll der Vater des Kindes sein, das England im Herbst vorigen Jahres zur Welt brachte.

Gegen Mitglieder der oberen Militärführung wurden keine Anklagen wegen des Skandals erhoben. (sams)