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Kampf gegen Korruption

20. August 2009

Die wohl bekannteste Kämpferin gegen die Korruption in Kroatien, Vesna Balenovic, hat eine NGO gegründet, um weitere Missstände aufzudecken.

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Vesna BalenovicBild: DW

Vesna Balenovic bekleidete einst eine Führungsposition beim größten kroatischen Erdölkonzern INA. Doch als sie auf Korruption aufmerksam machte und sich weigerte diese mitzutragen, wurde sie entlassen. In den neun Jahren danach habe sie niemand gefragt, wie sie über die Runden komme und ob sie Unterstützung erhalte, erzählt Balenovic, nicht einmal die Gewerkschaften hätten sie angesprochen. Sie habe ihr Hab und Gut verkauft, um sich und ihre Familie zu ernähren. Dass sie auf Missstände bei INA hingewiesen habe, bereue sie nicht, auch wenn ihr niemand diese neun Jahre ihres Lebens zurückgeben könne. Sie habe einen langwierigen und zermürbenden Kampf geführt, sagt Balenovic und fügt hinzu, in anderen Ländern Europas seien „Whistleblower“ Garanten für die Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft, in Kroatien aber sei es umgekehrt. Dort würden sie verfolgt und gebrandmarkt.

Unterstützung für Gleichgesinnte

Nach langjährigen Prozessen gegen INA und den Staat als Miteigentümer des Konzerns zog Balenovic schließlich vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Richter in Straßburg wollen nun von der kroatischen Regierung und Balenovic wissen, ob sie bereit sind, sich außergerichtlich zu einigen. Die Regierung hatte Vesna Balenovic kürzlich Schadensersatz angeboten für die Kündigung durch INA vor neun Jahren. Balenovic wies diese indes als zu gering zurück, bedankte sich aber für die Anerkennung.

Aufgrund ihrer Erfahrungen hat Vesna Balenovic vor einem Jahr die Nicht-Regierungsorganisation „Whistleblower“ gegründet. Ihr zufolge haben sich inzwischen etwa 1.500 Personen gemeldet, die ähnliche Erfahrungen wie sie gemacht hätten. Inzwischen seien 15 Fälle erfolgreich gelöst worden, sagt Balenovic. Nur die Finanzierung der NGO sei nicht gesichert, daher habe sie auch nur ein kostenpflichtiges Beratungstelefon einrichten können.

NGO nimmt Minister in die Pflicht

Erst kürzlich hat Balenovic nach einem recht aufsehenerregenden Fall ein neues Mitglied in ihrer Organisation aufgenommen. Boris Franjic hatte seine Arbeit als Koch der Schulkantine von Zadar verloren, weil er nach eigenen Worten auf Korruption aufmerksam gemacht hatte. Die Vorsitzende von „Whistleblower“ rief daraufhin Bildungsminister Radovan Fuchs auf, die fristlose Kündigung durch Schuldirektor Mile Ivkovic zurückzunehmen. Stattdessen forderte Balenovic den Minister auf, den Direktor zu suspendieren, da ein Strafverfahren gegen diesen laufe. Nach strafrechtlichen Ermittlungen war gegen den Direktor tatsächlich Anklage erhoben worden wegen Misswirtschaft, Amtsmissbrauch und des Kaufs von Waren und Dienstleistungen zu weit überhöhten Preisen. Ivkovic steht unter Verdacht, die Schulkantine allein im vergangenen Jahr um rund 45.000 Euro betrogen und in den 17 Jahren seiner Amtszeit als Schulleiter 700.000 bis 800.000 Euro veruntreut haben zu haben.

Vesna Kuhar
Boris FranjicBild: DW

Die Präsidentin von „Whistleblower“ fordert drastische Maßnahmen gegen Mitarbeiter, die wegen Amtsmissbrauch, Unterschlagung oder Veruntreuung zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt wurden. Ihnen solle auch das Privatvermögen beschlagnahmt und für humanitäre Zwecke verwendet werden. Balenovic ist vom Sinn und Zweck der NGO überzeugt und sagt, auch wenn die Organisation schon seit einem Jahr bestünde, meldeten sich täglich neue „Whistleblower“. Dies werte sie als positives Zeichen für die Entwicklung der Zivilgesellschaft in Kroatien.

Autorinnen: Ivana Zrilic / Mirjana Dikic

Redaktion: Bernd Johann