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Kroatien und Bosnien-Herzegowina legalisieren doppelte Staatsbürgerschaft

11. August 2005

In Zagreb haben die Innenminister von Kroatien und Bosnien-Herzegowina ein Abkommen über doppelte Staatsbürgerschaft unterzeichnet. Nach zehn Jahren Verhandlungen wird damit der Status quo bestätigt.

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Verhandlungserfolg in ZagrebBild: dpa

Durch die Unterzeichnung des Abkommens über doppelte Staatsbürgerschaft zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina wird de facto der herrschende Zustand legalisiert. Schon zuvor waren bosnische Kroaten formal Staatsbürger ihres Heimatlandes Bosnien-Herzegowina, hatten aber auch Anrecht auf die kroatische Staatsbürgerschaft. Das neu unterzeichnete Abkommen regelt nun auch die Staatsangehörigkeit für die aus Kroatien vertriebenen Serben, sowie für Bosniaken, die während des Krieges in Bosnien-Herzegowina in Kroatien angesiedelt wurden oder sich noch dort befinden.

Alles verdoppelt

Beim Grenzübertritt müssen Betroffene künftig auf der einen Seite der Grenze ihren bosnischen, auf der anderen Seite dann ihren kroatischen Ausweis vorzeigen. Denn Inhaber der doppelten Staatsbürgerschaft haben das Recht auf zwei Pässe und zwei Personalausweise, bestätigte der Deutschen Welle das für Staatsbürgerschaft zuständige Ressort im bosnisch-herzegowinischen Ministerium für zivile Angelegenheiten. Bürger von Bosnien-Herzegowina, die beide, das heißt die kroatische und die bosnisch-herzegowinische Staatsbürgerschaft besitzen, sind in beiden Staaten wahlberechtigt.

Furcht vor Entschädigung

Der dritte Teil des Abkommens, das sich auf eigentumsrechtliche Angelegenheiten bezieht, wird auf den Herbst dieses Jahres verschoben, weil man sich in Einzelheiten nicht einigen konnte. Die Regierung der Republika Srpska beziehungsweise die Direktion für Privatisierung hatte eine umstrittene Lösung der Eigentumsfrage vorgeschlagen. Demnach sollte bosnisches Eigentum in Kroatien an Zagreb fallen, kroatisches Eigentum in Bosnien-Herzegowina hingegen Sarajewo geschenkt werden. Davon betroffen wäre früheres Staatseigentum wie der kroatische Erdölkonzern INA und das Energieunternehmen Energopetrol aus Bosnien-Herzegowina. Die in der Republika Srspka betriebenen INA-Tankstellen hatte sich nämlich der Staat angeeignet. Nun befürchten offizielle Vertreter der Republika Srpska, dass Kroatien eine Entschädigung für die dortigen INA-Filialen fordern wird.

Eigentumsfrage: Zeit und Geld

Der stellvertretende Justizminister im Ministerrat von Bosnien-Herzegowina und bosnisch-herzegowinische Delegationsleiter, Niko Grubisic, meint: "Der Vorschlag wurde vom Innenministerium der Republika Srpska abgelehnt, weil er angeblich aus Geldmangel nicht umsetzbar sei. Dafür seien keine Mittel vorgesehen. Es handelt sich aber um künftige Transaktionen, wofür die Mittel auch erst in Zukunft gebilligt werden". Auch wenn es manchen Einschätzungen zufolge in Kroatien mehr Eigentum von Bosnien-Herzegowina gibt als umgekehrt, meint Damir Miljevic, Vorsitzender des Unternehmerverbandes, der Lösungsvorschlag von Seiten der Republika Srpska sei von einer Lobby erzwungen. Und zwar von der, die am meisten von den INA-Tankstellen profitiere. Ihm zufolge ist das bosnisch-herzegowinische Eigentum in Kroatien überwiegend privatisiert. Es werde daher viel Zeit vergehen und eine Menge Geld benötigt, damit die früheren Eigentümer es zurückerhalten können.

Stanko Smoljanovic, Banja Luka
DW-RADIO/Bosnisch, 5.8.2005, Fokus Ost-Südost