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Kontrolle ist nicht alles

Daniel Scheschkewitz2. Mai 2002

Nach dem Amoklauf von Erfurt stellt sich nun die Frage, wie sich solchen Massakern am besten vorbeugen lässt. Die USA verzeichnen bereits Erfolge mit ihrem integrierten Programm gegen Gewalt an den Schulen.

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Fragen ohne Antworten.Bild: AP

Vor drei Jahren töteten zwei Teenager an der Columbine High School in Littleton im US-Bundesstaat Colorado 14 Mitschüler und einen Lehrer. Ähnlich schreckliche Zwischenfälle hat es, wenn auch mit weniger Opfern , in den USA immer wieder gegeben. Seit dem Massaker von Littleton hat sich viel verändert an amerikanischen Schulen. Metalldetektoren, Zäune, Sicherheitsbeamte gehören zum Schulalltag. Das ist aber nur die eine Seite der Prävention. Schulpsychologen und staatlich geförderte Programme ergänzen die Sicherheitsmaßnahmen, denn laut Michelle Bechard vom US-Gesundheitsministerium hätten sich die Schulen beeilt, Metalldetektoren aufzustellen, Zäune zu ziehen und Sicherheitsbeamte einzustellen. "Dennoch passiert immer wieder etwas", sagt sie.

Viel Geld für Vorbeugung

Daraus hat man in den USA Konsequenzen gezogen. 270 Millionen Dollar gibt allein das staatliche Gesundheitsmininisterium für Präventionsprogramme aus, die vor allem die pyschischen und sozialen Ursachen von Jugendgewalt an Schulen berücksichtigen. "Drogen sind immer leichter zu bekommen, Schusswaffen auch. In den Medien wird ständig Gewalt dargestellt. Manchmal spielt die wirtschaftliche Not eine Rolle oder Gewalt in den Familien. Manchmal kommen mehrere Faktoren zusammen, und dann genügt schon eine Schikane im Schulalltag, um ein Kind ausrasten zu lassen", sagt Denise Middlebrook, Projektleiterin am Zentrum für psychische Gesundheit, zu den Ursachen der eskalierenden Schülergewalt.

Seelische Gesundheit als Voraussetzung

Wenn es zu Massakern wie in Erfurt oder Littleton kommt, ist es bereits zu spät. Der amerikanische Ansatz ist präventiver und umfassender Natur. Verschiedene Behörden arbeiten unter der Federführung des Gesundheitsministeriums zusammen, um dafür zu sorgen, dass in einer fürsorglichen Umgebung psychisch stabile, gesunde Kinder heranwachsen. Im Projekt "Sichere Schule, gesunde Schüler" versuchen die Mitarbeiter herauszufinden, was Kinder gesund heranwachsen lässt und ihnen soziale Kompetenz vermittelt. "Das halten wir für wichtiger, als sich nur mit Problemverhalten auseinanderzusetzen", sagt die Projektmitarbeiterin Shelly K. Hara. "Natürlich müssen wir auf Krisen reagieren können. Wir finden es jedoch vielversprechender, dafür zu sorgen, dass Kinder in einer gesunden und stabilen Umgebung heranwachsen, damit es erst gar nicht zu solchen Tragödien kommt."

Die Spitze des Eisbergs

Die amerikanischen Experten verweisen darauf, dass Gewalt an Schulen keinen eindimensionalen Hintergrund hat. Die Schule sei nur ein, wenn auch wichtiger, Teil des Sozialgefüges junger Menschen. "Ich glaube, man muss sich genauso die Familien und das soziale Umfeld ansehen. Nur die Waffengesetze zu verschärfen oder den Medien Vorschriften zu machen, würde zu kurz greifen", unterstreicht Denise Middlebrook vom Zentrum für psychische Gesundheit.

In den USA arbeiten Gesundheitspolitiker, Schulpsychologen, Jugendrichter und Polizei seit Jahren eng zusammen, wenn es darum geht, die Gewalt an Schulen zu bekämpfen. Inzwischen mit Erfolg: amerikanische Schulen sind sicherer geworden. Die Zahl der Todesopfer ist zurückgegangen. Doch Massaker wie in Erfurt oder Littleton sind nur die Spitze des Eisbergs. Die tägliche Gewalt an den Schulen spielt sich auch in den USA weitgehend im Verborgenen ab. "Wir dürfen nicht vergessen, dass solche dramatischen Vorfälle selten sind - Schikanen, Einschüchterung, Bandenkriege und Prügeleien sind dagegen an der Tagesordnung", mahnt Middlebrook.