1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Italien unterstellt G4-Ländern Erpressung

27. Juli 2005

Solche Töne hört man von den ansonsten zurückhaltenden UN-Diplomaten selten: Italien hat im Streit um die geplante Erweiterung des UN-Sicherheitsrats Deutschland und dessen G4-Partnern "Erpressung" vorgeworfen.

https://p.dw.com/p/6xww
Marcello Spatafora äußert schwere VorwürfeBild: AP

Italien wirft den G4-Staaten, zu denen auch Deutschland gehört, bei ihrem Streben nach ständigen Sitzen im
Weltsicherheitsrat die brutale Erpressung armer Länder vor. Empfängern von Entwicklungshilfe werde mit der Einstellung von Zahlungen gedroht, wenn sie nicht für die G4 stimmen würden, sagte der italienische UN-Botschafter Marcello Spatafora am Dienstag (26.7.2007) vor der UN-Vollversammlung.

Streichung von Hilfsgeldern

Kandidaten für UN Sicherheitsrat
Vertreter der G-4-StaatenBild: AP

So habe zu Beginn dieser Woche "ein G4-Geberland" eine Regierung, die gegen den Vorschlag der Vierergruppe eintrete, über die Streichung von rund 385.000 Euro für ein Hilfsprojekt informiert, sagte Spatafora. Roms UN-Botschafter nannte keine Staaten beim Namen. Als "Geberländer" gelten in der Vierergruppe, die aus Deutschland, Japan, Brasilien und Indien besteht, aber nur Deutschland und Japan. Das Land, das mit Hilfsentzug bestraft worden sein soll, soll laut Spatafora zu den Ko-Autoren einer Resolution der von Italien initiierten Gruppe "Vereint für Konsens" gehören. Danach kämen unter anderem Kolumbien, Costa Rica, Mexiko und Pakistan in Frage.

"Unethisches Benehmen"

In seiner von vielen UN-Diplomaten kritisierten Rede verglich der Italiener das Vorgehen der G4 mit dem mutmaßlichen Korruptionsskandal beim Irak-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel". Das unzulässige und unethische Benehmen der Vierergruppe sei eine Schande und eine Beleidigung der Würde aller UN-Mitgliedstaaten, sagte der italienische UN-Botschafter. Er forderte den Präsidenten der Vollversammlung, Jean Ping, und Generalsekretär Kofi Annan auf, den Fall zu untersuchen. Ein solches Verhalten könne zu einem Skandal führen, der in seinen Folgen "ernster und destabilisierender" wäre, als die Affäre um das Öl-für-Lebensmittel-Programm. "Dies ist nicht das Niveau, auf dem wir eine politische Debatte führen wollen", sagte Deutschlands UN-Botschafter Gunter Pleuger. Die Vorwürfe entbehrten jeder sachlichen Grundlage, erklärte auch ein Sprecher der japanischen UN-Mission. Die japanische Entwicklungshilfe basiere auf den Plänen und der Strategie der Entwicklungsländer.

Drei Vorschläge

Deutschland strebt zusammen mit Japan, Indien und Brasilien eine Erweiterung des Sicherheitsrats um sechs ständige und vier wechselnde Mitglieder an. Die Neulinge sollen kein Vetorecht erhalten. Für ihren Resolutionsentwurf benötigt die Vierergruppe eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der UN-Vollversammlung. Zu den Gegnern des Vorschlags zählen China, Italien und Pakistan. Aus Russland kamen widersprüchliche Äußerungen, die USA haben eine
baldige Abstimmung über den Entwurf abgelehnt. Die Vierergruppe wirbt vor allem um die 53 Stimmen, die die Afrikanische Union in der Vollversammlung stellt.

Neben dem Vorschlag der G-4 gibt es inzwischen zwei weitere Resolutionsentwürfe. Die Afrikanische Union ist für eine Erweiterung um sechs ständige Mitglieder mit Veto-Recht und fünf nicht-ständige Mitglieder. Insgesamt vier Sitze sollen dabei an afrikanische Staaten gehen.

Die Elfergruppe um Italien, Argentinien, Spanien und Pakistan will keine neuen ständigen Sitze zulassen und den Sicherheitsrat lediglich um zehn wechselnde Mitglieder erweitern. Ihre Motivation ist klar: Keines der elf Länder soll einen möglichen neuen ständigen Sitz im Sicherheitsrat erhalten, deshalb soll diese Ehre auch anderen Ländern nicht zuteil werden. Besonders für Italien wäre es ein Rückschlag auf der internationalen Diplomatie-Bühne, wenn Deutschland in den UN-Olymp aufstiege, Rom jedoch leer ausginge. Bisher sind nur die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien permanent in dem Gremium vertreten. (ch)