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"Italien muss Flüchtlingsproblem selbst lösen"

11. April 2011

Vor Beratungen mit seinen EU-Kollegen über den Umgang mit Flüchtlingen aus Nordafrika kritisiert Innenminister Friedrich die Politik Italiens. Bayern und Hessen erwägen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (Foto: dapd)
Innenminister Friedrich will sich das Problem gerne vom Leib haltenBild: dapd

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nimmt am Montag (11.04.2011) erstmals nach seiner Amtsübernahme am EU-Ministerrat teil. Zum Auftakt des Treffens in Luxemburg erklärte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, dass von einer Massenflucht aus Nordafrika in Richtung Europa nicht die Rede sein könnte. Dennoch würden Vorschläge für mehr Solidarität unter den Mitgliedsländern bei der Aufnahme von Flüchtlingen diskutiert.

Friedrich hatte kurz vor Beginn der Beratungen festgestellt, "Italien müsse sein Flüchtlingsproblem selbst regeln". Er wolle in der Runde deutlich machen, dass Italiens Vorhaben, den Flüchtlingen befristete Aufenthaltsgenehmigungen auszustellen, gegen den Geist des Schengen-Abkommens verstoße. Mit den Papieren könnten die Menschen auch in andere EU-Staaten reisen.

Streit innerhalb der EU

Nordafrikanische Flüchtlinge in einem kleinen Boot vor Lampedusa (Foto: picture alliane/dpa)
Der Flüchtlingsansturm auf Lampedusa ist ungebrochenBild: picture alliance/dpa

Seit Beginn der politischen Unruhen in Nordafrika im Januar sind auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa mehr als 20.000 Flüchtlinge gestrandet. Die meisten von ihnen stammen aus Tunesien.

Nach EU-Recht ist das Land, in dem Flüchtlinge das Territorium der Staatengemeinschaft betreten, für die Prüfung von Asylanträgen und Aufenthaltsbegehren zuständig. Zwischen der Regierung in Rom und anderen EU-Ländern ist strittig, ob Italien die Flüchtlinge aus Nordafrika innerhalb der EU weiterreisen lassen darf oder nicht.

Grenzkontrollen als "letztes Mittel"

Bayern und Hessen wollen die Einwanderung tunesischer Flüchtlinge notfalls mit der Wiedereinführung von Kontrollen an den deutschen Grenzen verhindern. Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU), der auch Vorsitzender der deutschen Innenministerkonferenz ist, sagte, dies sei vorstellbar.

Sein bayerischer Kollege Joachim Herrmann (CSU) erklärte in der "Welt am Sonntag", die Rückkehr zu Grenzkontrollen sei "das letzte Mittel. Wir werden es nicht hinnehmen, dass die italienische Regierung die Tunesier einfach zu Touristen erklärt und sie auf diese Weise in andere Länder schiebt."

Unerträgliche Bedingungen

Nach dem Abtransport der meisten Flüchtlinge aus Lampedusa sind dort am Wochenende erneut Hunderte Migranten eingetroffen. Ein Teil der Neuankömmlinge wurde auf das Festland gebracht, bevor Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen die Insel besuchte.

In den vergangenen Wochen hatten sich zeitweise bis zu 6000 Immigranten gleichzeitig unter unerträglichen Bedingungen auf der kleinen Insel aufhalten müssen. Vor wenigen Tagen waren beim Kentern eines Flüchtlingsbootes vor Lampedusa vermutlich etwa 250 Menschen ertrunken.

Einigung mit Tunis

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi (Foto: AP)
Will die Menschen nach Tunesien zurückschicken - oder ihnen eine Aufenthaltserlaubnis geben: Ministerpräsident BerlusconiBild: AP

Rom hat mit der neuen Regierung in Tunis mittlerweile vereinbart, dass die dortigen Küsten verstärkt kontrolliert und Neuankömmlinge in Italien künftig direkt zurückgebracht werden. Besonders Frankreich fürchtet einen Flüchtlingsstrom - die meisten Migranten aus Nordafrika sprechen Französisch oder haben Verwandte oder Freunde in dem Land.

Frankreich pocht auf eine Regelung, nach der auch innerhalb der grenzkontrollfreien Schengen-Zone die Einreise in ein anderes Land nur erlaubt ist, wenn Reisende Ausweispapiere und Geld haben. So sieht es dem Vernehmen nach auch die EU-Kommission.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, afp)
Redaktion: Herbert Peckmann