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Regimegegner

8. Februar 2011

Sie haben nicht alle genug Kraft, dem Regime in Belarus Paroli zu bieten. Viele Oppositionelle flüchten deshalb ins Ausland. Von dort aus wollen sie ihre Landsleute unterstützen. Aber sie hoffen auch auf eine Rückkehr.

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Blick auf die litauische Hauptstadt Vilnius (Foto: AP)
Vilnius ist das Ziel vieler belarussischer RegimegegnerBild: AP

Aus Angst vor der Willkür des Regimes in Belarus verlassen immer mehr Menschen das Land. Allein im vergangenen Monat flüchteten etwa 50 Regimekritiker. Neben politischen Aktivisten fliehen aber auch Studenten, Unternehmer, Wissenschaftler und Journalisten. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass in Belarus seit den Präsidentschaftswahlen etwa 2000 Menschen verhaftet und verhört worden sind. Viele Regimegegner sitzen nach wie vor in Untersuchungshaft. Ihnen drohen lange Haftstrafen.

Ein Oppositioneller steht vor einer Reihe aus Polizisten (Foto: AP)
Während der Ausschreitungen nach der Wahl in MinskBild: AP

Nach der Wahl im Dezember 2010 hatten in Minsk Tausende Gegner des seit 16 Jahren regierenden Präsidenten Aleksandr Lukaschenko gegen das Wahlergebnis protestiert. Den Behörden haben sie vorgeworfen, das offizielle Ergebnis gefälscht zu haben, wonach 80 Prozent der Wähler Lukaschenko wiedergewählt haben. Die Demonstration wurde von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst, zahlreiche Oppositionelle festgenommen. Die Polizei hat in den darauffolgenden Wochen die Wohnungen von Anhängern der Opposition sowie Büros unabhängiger Medien und Menschenrechtsorganisationen durchsucht.

Neue Welle politischer Emigration

Oppositionelle würden eingeschüchtert und in den vom Staat kontrollierten Medien dämonisiert, berichtet der belarussische Politologe Aleksandr Klaskowskij. Ihnen werde vorgeworfen, die Stabilität im Lande zu gefährden. Die Flucht ins Ausland sei oft die einzige Möglichkeit, der politischen Verfolgung zu entkommen. "Nicht alle haben genug Geduld und Kraft, sich der staatlichen Repressionsmaschine zu widersetzen", sagt der Experte.

Die meisten belarussischen Emigranten zieht es ins benachbarte Ausland, vor allem in die litauische Hauptstadt Vilnius. Dorthin ist auch Oleg Meteliza geflohen, ein Vertrauter des oppositionellen ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Wladimir Nekljajew. "Es gab zwei Alternativen: hinter Gitter gehen oder in Freiheit leben", erklärt Meteliza seine Lage. In Vilnius könne er mehr für den Kampf gegen das Regime in Belarus unternehmen, unterstrich er. Gemeinsam mit anderen Aktivisten will Meteliza eine "alternative Botschaft" von Belarus in Litauen einrichten.

Auch Vjacheslaw Dianow von der Organisation "Bewegung der Zukunft" will von Vilnius aus seine Landsleute in Belarus unterstützen. Nach Litauen sei er nicht auf direktem Weg geflüchtet. Einen großen Umweg habe er über Russland, Estland und Lettland machen müssen, um einer Verhaftung an der belarussisch-litauischen Grenze zu entgehen, so Dianow. Nachdem er in Belarus bereits festgenommen, später jedoch wieder freigelassen worden sei, habe er sich zur Flucht entschieden.

Hoffnung auf Rückkehr

Studenten der Europäischen Humanistischen Universität im litauischen Exil stehen neben einem Transparent mit dem Logo der Hochschule (Foto: DW)
Studenten der Europäischen Humanistischen UniversitätBild: DW/Ute Zauft

Politische Emigration sei in Belarus leider schon eine Tradition, beklagt die Medien-Expertin Tatjana Melnitschuk. Bereits nach der Präsidentschaftswahl 2006 hätten Oppositionelle das Land verlassen. Auch Melnitschuk lebt im Ausland. Sie unterrichtet an der Europäischen Humanistischen Universität, die sich seit 2006 im Exil nahe der litauischen Hauptstadt befindet. 2004 war sie von den Behörden in Minsk geschlossen worden.

Viele politische Flüchtlinge aus Belarus hoffen auf eine baldige Rückkehr in ihre Heimat. Deswegen stellen sie in Litauen meist auch keinen Antrag auf politisches Asyl. Melnitschuk glaubt aber nicht, dass sehr viele Flüchtlinge zurückkehren werden, vor allem nicht die jungen Belarussen. "Die jungen Menschen werden wohl nie zurückgehen. In diesem Alter integriert man sich sehr schnell in eine fremde Kultur, lernt die Sprache und findet neue Arbeit."

Autoren: Polina Ptizyna/ Vadim Valejta/ Artjom Maksimenko
Redaktion: Markian Ostaptschuk/ Nicole Scherschun