Im Kosovo stellt eine Diskussionssendung im Fernsehen Frauen in den Mittelpunkt | Europa/Zentralasien | DW | 07.03.2024
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Europa/Zentralasien

Im Kosovo stellt eine Diskussionssendung im Fernsehen Frauen in den Mittelpunkt

Eine Fernsehsendung im Kosovo, in der Frauen im Mittelpunkt stehen, berichtet über strukturelle Hindernisse für die Gleichstellung sowie Ideen, die ihr Leben verbessern könnten.

Kosovo Feministisches Fernsehprogramm

Die feministische TV-Sendung "QIKA n'ekran"

Während der COVID-Pandemie mussten Frauen auf der ganzen Welt häufig feststellen, dass über Jahrzehnte erkämpfte Errungenschaften der Gleichberechtigung schwanden – sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz. Statt im Büro nun zu Hause, waren sie mit mehr Betreuungsaufgaben konfrontiert. Einige sahen schließlich auch ihre Chancen auf ein berufliches Weiterkommen schwinden oder sich ganz in Luft auflösen. 

Im Kosovo, einem der ärmsten Länder Europas, ging dieser Trend auch mit einer Zunahme der häuslichen Gewalt und Frauenmorden einher. Außerdem, so ein ausgebildeter Soziologe und erfahrener Journalist, ignorierten die Medien des Landes die Geschehnisse meist oder spielten sie herunter.

Portraitfoto von Leonida Molliqaj

Leonida Molliqaj, Geschäftsführerin und Chefredakteurin von QIKA

"Die Medienlandschaft im Kosovo wird seit jeher von männlichen Stimmen dominiert. Die Berichterstattung konzentriert sich außerdem häufig auf Geschichten, die vor allem Männer ansprechen, und in Sendungen diskutieren typischerweise männliche Moderatoren mit männlichen Gästen", sagt Leonida Molliqaj, Geschäftsführerin und Chefredakteurin des kosovarischen “Center for Information, Criticism and Action” (QIKA). "Der Lockdown hat diese Vormacht patriarchalischer Gewalt und die Verschärfung wirtschaftlicher Ungleichheiten sichtbar gemacht." 

Als ausgebildete Soziologin und Journalistin hat sich Molliqaj in ihrer Arbeit auf Korruption, Gleichberechtigung und soziale Fragen im Kosovo spezialisiert. Heute arbeitet sie an QIKA n'ekran ("QIKA auf dem Bildschirm", Anm. d. Red.), der ersten Fernsehsendung des Landes, die sich um Frauen dreht und die sie gemeinsam mit vier anderen Produzentinnen entwickelt, hat. "Wir stellen sicher, dass jeder Beitrag und jede Botschaft, die von [uns] produziert wird, fair und stark ist”, sagt Molliqaj. 

QIKA bekommt eine finanzielle Förderung von der Europäischen Kommission und der deutschen Regierung im Rahmen des #SustainMedia Programme, das von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ), der DW Akademie und Internews durchgeführt wird. Mit den Fördermitteln wird die Produktion von "QIKA n'ekran" unterstützt, das nun monatlich auf dem kosovarischen Kabelfernsehsender T7 ausgestrahlt wird. 

Fortschritte im Kosovo?  

All dies steht jedoch im Widerspruch zu den scheinbaren Fortschritten im Kosovo. Das vergleichsweise junge – der Kosovo erklärte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien – und kleine Land – im Kosovo leben weniger als zwei Millionen Menschen – hatte bereits zwei weibliche Staatsoberhäupter. Bei den vergangenen Wahlen auf Landesebene im Februar 2021 haben die Wählerinnen und Wähler mehr Frauen ins Parlament katapultiert als je zuvor. Heute verantworten Frauen die Bereiche Wirtschaft, Justiz, Kultur, Bildung und Kommunalverwaltung.

Kosovo Feministisches Fernsehprogramm

Ein Blick ins TV-Studio von "QIKA n'ekran"

Diese politischen Erfolge sind jedoch zum Teil auf das Mandat der Vereinten Nationen zurückzuführen, die den Kosovo nach seinem Unabhängigkeitskrieg fast ein Jahrzehnt lang verwalteten und ein Quotensystem einführten, das Frauen 30 Prozent der Parlamentssitze des Landes garantiert. 

Und trotz dieser Leitplanken bleibt der Kosovo eine weitgehend diskriminierende und männerdominierte Gesellschaft, in der Korruption und organisierte Kriminalität die Sicherheit und die demokratische Ordnung bedrohen. In einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2023 wurden die Behörden des Landes darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Opfer häuslicher Gewalt nicht schützen und Frauen, die aus einem gewalttätigen Umfeld fliehen, keine angemessene Unterstützung bieten.

Eine TV-Show für Frauen  

"QIKA spielt eine wichtige Rolle, nicht nur im Kosovo, sondern auch in der Region", sagt Norbert Sinkovic, Project Manager der DW Akademie für das Projekt #SustainMedia, das in Zusammenarbeit mit GiZ und Internews durchgeführt und von der EU und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert wird. "Die Initiative zielt darauf ab, kritische Themen wie Gewalt gegen Frauen und diskriminierende Gesetze anzusprechen." 

Kosovo Feministisches Fernsehprogramm

QIKA n'ekran, das erste und einzige Fernsehprogramm des Kosovo, das sich auf Frauenfragen konzentriert, zielt auf eine breite Zuschauerschaft ab. Die Daten zeigen, dass das Publikum sowohl jung als auch alt ist und sowohl in ländlichen als auch in städtischen Gebieten lebt.

Mit Fernsehdebatten über die Probleme, die Frauen im Kosovo haben, versuchen Molliqaj und ihre Kolleginnen, Veränderungen herbeizuführen. So wurde in einer Sendung diskutiert, warum es 18% Luxussteuer auf Menstruationsprodukte gibt. In einer anderen Folge ging es um die unbezahlte häusliche Pflegearbeit von Frauen und darum, wie diese Pflichten sie daran hindern, einer bezahlten Arbeit außerhalb des Hauses nachzugehen – und wie sich das bessern könnte.

"Auf [nationaler] politischer Ebene könnten Elternurlaub und Kinderbetreuung helfen”, sagt Riola Morina, eine QIKA-Forscherin, die an der Sendung mitarbeitet. "Es ist nach wie vor wichtig, Care-Arbeit als wesentlichen Beitrag zur Wirtschaft und zur Gesellschaft anzuerkennen."  

Morina sagt, dass sie und ihre Kolleginnen zwar auf ein junges Fernsehpublikum abzielen, aber "unsere [Zuschauerzahlen] zeigen, dass ältere Altersgruppen interessiert sind, auch aus ländlichen und abgelegenen Teilen des Kosovo".  

Die Sendung hat auch Kritik auf den Plan gerufen, aber die Frauen lassen sich nicht entmutigen.  

"Wir haben festgestellt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer daran gewöhnt sind, dass Männer den Bildschirm dominieren", so Molliqaj. "Das hat nicht nur die Bedeutung unserer Arbeit bestätigt, sondern auch unsere Entschlossenheit gestärkt, weiterhin sensible und wichtige Themen anzusprechen."

 

QIKA wird im Rahmen des #SustainMedia Programms gefördert, das von der Europäischen Union und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kofinanziert wird. #SustainMedia wird von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) in Zusammenarbeit mit der DW Akademie und Internews umgesetzt. Die Fördermittel unterstützen die Produktion von "QIKA n'ekran", der ersten feministischen Fernsehsendung im Kosovo, die monatlich im Kabelfernsehen T7 ausgestrahlt wird. 

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