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IAEA kritisiert Japans Umgang mit Fukushima

19. Juni 2011

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat Japans Reaktion nach dem Unfall im Atomkraftwerk Fukushima kritisiert. Japan habe die Atomanlage in Fukushima nicht ausreichend gegen Tsunamis geschützt.

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Inspektoren vor den Ruinen eines Reaktors in Fukushima (Foto: AP)
Kritischer Blick auf die Fukushima-KatastropheBild: dapd/Accident Investigation SC/Kyodo

Die Devise "Wir schaffen das alleine" war falsch. So lautet der Tenor der Untersuchungen von IAEA-Experten, die nach Japan gereist waren, um die Folgen der Fukushima-Katastrophe zu untersuchen.

Flutwelle (Foto: AP)
Das Erdbeben vom 11. März löste erst einen Tsunami, dann eine Atomkatastrophe ausBild: AP

Das Land hätte nach dem schweren Erdbeben, dem Tsunami und dem anschließenden Atomunfall auf ein von der IAEA vorgesehenes Übereinkommen für Hilfsleistungen zurückgreifen müssen, heißt es in einem Bericht der Behörde. Dieser soll am Montag (20.06.2011) auf einer Konferenz zur Atomsicherheit in Wien vorgestellt werden. Das Übereinkommen regelt im Fall eines Atomunfalls die Zusammenarbeit zwischen Der IAEA und verschiedenen Ländern hinsichtlich Hilfsmaßnahmen, Sicherheit und Kommunikation.

Japan habe das Übereinkommen nie angewendet, kritisiert die IAEA in dem Bericht. Die Behörde kritisierte auch, dass Japan von der IAEA empfohlene mehrstufige Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Atomkraftwerken vor Bedrohungen von außen nicht richtig umgesetzt habe. Diese Empfehlungen sind für die IAEA-Mitgliedstaaten allerdings nicht bindend.

Anti-Tsunami-Maßnahmen nicht richtig umgesetzt

Dem Bericht zufolge wurden nach einer Überprüfung der direkt an der Küste errichteten Anlage 2002 mehrere Maßnahmen ergriffen, um sie besser gegen eine Flutwelle zu schützen. Die Schritte seien jedoch nicht weitreichend genug gewesen. Zudem seien diese Maßnahmen nie von der Aufsichtsbehörde überprüft und genehmigt worden, schreiben die Experten. Sie kritisieren auch Versäumnisse bei der Bewältigung der Kernschmelze in drei Reaktoren im AKW Fukushima, die sich in der Folge von Beben und Tsunami am 11. März ereignet hat.

Die Mitarbeiter der Atomanlage hätten in der Krise hervorragende Arbeit geleistet. Die Vorgaben zur Bewältigung eines solchen Unfalls seien jedoch nicht ausreichend gewesen.

100 Tage nach der Katastrophe

Am 100. Tag nach dem Erdbeben und Tsunami haben die Menschen in Japan der Opfer gedacht. An vielen Orten entlang der Pazifikküste nahmen tausende Hinterbliebene am Samstag an buddhistischen Gedenkzeremonien teil. Mehr als 15.400 Leichen wurden bisher geborgen, über 7700 Menschen gelten weiter als vermisst.

Frauen in Gebetshaltung vor einem Tisch mit Blumen (Foto: AP)
Gedenken an die Toten und Vermissten - hier in IshinomakiBild: dapd/kyodo

Rückschlag bei Wasser-Reinigung im AKW

Unterdessen kämpften die Reparaturtrupps im Atomkraftwerk Fukushima mit Problemen an der neuen Dekontaminierungs-Anlage. Das System zur Reinigung hochgradig verstrahlten Wassers musste am Samstag nach nur wenigen Stunden wieder gestoppt werden. Statt immer neues Wasser in das AKW zu pumpen, sollte das verseuchte Wasser recycelt und zur weiteren Kühlung verwendet werden. Die Kartuschen der Reinigungsanlage, die eigentlich mehrere Wochen halten sollten, hätten aber innerhalb von fünf Stunden ihre maximale Aufnahmefähigkeit erreicht, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft Tepco. Die Anlage kann laut Tepco frühestens am Montag wieder eingeschaltet werden.

Seit der Reaktorkatastrophe wird Wasser in die Reaktoren gepumpt, um die Kerne zu kühlen. Bisher haben sich mehr als 100.000 Tonnen radioaktiv verstrahlten Wassers angesammelt. Die Auffangbehälter drohen in den kommenden Wochen überzulaufen.

Regierung setzt Anwohner anderer AKW unter Druck

Unterdessen bat Industrieminister Banri Kaieda am Samstag die Anwohner anderer Atomkraftwerke, die derzeit zu routinemäßigen Inspektionen heruntergefahren sind, einer Wiederinbetriebnahme zuzustimmen. Er begründete dies mit einem drohenden Energieengpass in den Sommermonaten, wenn die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen. Es seien "angemessene" Sofortmaßnahmen gegen schwere Unfälle getroffen worden, versicherte der Minister laut der Nachrichtenagentur Kyodo.

Die betroffenen lokalen Behörden zögern jedoch. Sie wollen erstmal die von Kaieda genannten Maßnahmen in jedem einzelnen Kraftwerk gründlich überprüfen. Wegen der Atomkatastrophe in Fukushima sind die anderen AKW länger als geplant abgeschaltet worden.

Autorin: Julia Elvers-Guyot (afp, rtr, dpa, dapd)
Redaktion: Michael Wehling