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Hoffnungsschimmer Greencard

Andreas van Hooven2. August 2002

Vor zwei Jahren (1.8.2000) führte die Bundesregierung die Greencard für IT-Fachleute ein. Doch Karteninhaber wie Antragssteller dürfen keine Existenzen in Deutschland gründen und hoffen daher auf freie Stellen.

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Taumel im IT-StellenmarktBild: bilderbox

Die langjährigen Boombranchen der Informationstechnologie und Telekommunikation bauen erstmals seit Beginn der 1990er Jahre massiv Arbeitsplätze ab. Mangelndes Auftragsvolumen und interne Sparmaßnahmen, wie auch deutliche Kapitalverluste durch Kurseinbrüche im internationalen Aktiengeschäft zwangen viele Firmen zum Personalabbau in Deutschland. Dies wirkt sich unmittelbar auf das Interesse an der deutschen Greencard aus. Die Greencard erlaubt IT- und TK-Experten aus nicht EU-Staaten einen bis zu fünfjährigen Aufenthalt in Deutschland.

Überschaubare Stellenmärkte

Allerdings muss zunächst eine aktuelle oder in Aussicht stehende Beschäftigung nachgewiesen werden, ehe die Greencard erteilt wird. Die Ausschreibung leerer Stellen ging in der ersten Jahreshälfte in Deutschland jedoch deutlich zurück. Im ersten Quartal 2002 schrumpfte der IT-Stellenmarkt in Tagesszeitungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um gut zwei Drittel, ermittelte das Hamburger Marktforschungsunternehmen Adecco/EMC. Besonders schlimm ist es in der Software- und Colsultingbranche, die sogar drei Viertel weniger Stellen ausschreibt.

Einstige Wachstumssparten wie Telekommunikation, Internetdesign und E-Commerce benötigten im Vorjahr gar die zehnfache Anzahl an Fachkräften. Wie die Pressesprecherin der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) Sabine Seidler zu DW-World sagte, bestehe zwar weiterhin Interesse an der Greencard, jedoch seien die wöchentlichen Bewerberzahlen seit Spätherbst 2001 rückläufig. Es müsse ein deutlicher Wirtschaftsaufschwung kommen, sollten – nach der Prognose von ZAV-Leiter Jürgen Goecke im Oktober 2001 – alle 20.000 Karten bis Ende 2002 ausgegeben werden.

Ein Drittel ungenutzte Greencards

Es ist fraglich, ob überhaupt alle 20.000 Karten vergeben werden. Nach 10.054 Greencard-Inhabern im Oktober 2001, kamen bis 30. Juni 2002 nur noch 2255 hinzu. Und die Bewerberzahlen gehen weiter zurück. Nach 120 genehmigten Anträgen pro Woche im Sommer 2001 sackte das Interesse nach der ersten Entlassungswelle der IT-Branche im Spätherbst 2001 auf 70-80 Anträge zu nunmehr 50 im Halbjahresmittel ab. Ein wesentlicher Grund ist die Flaute im Stellenmarkt.

Wie der Branchenverband Bitkom für das laufende Jahr bekanntgab, liegt die Zahl der Beschäftigten in diesem Wirtschaftszweig um 3,4 Prozent niedriger, als im Vorjahreszeitraum. Inzwischen müssten auch Softwarehersteller und IT-Serviceanbieter Stellen abbauen, nachdem sie in den vergangenen Jahren gut 87.000 zusätzliche Arbeitsplätze schafften. Wie Bitkom-Vize-Präsident Jörg Menno Harms sagte, werden im Bereich der IT-Sicherheit jedoch weiter Experten gesucht.

Unklare Rückkehrerzahl

Welche IT-Fachkräfte ihre Greencard zurückgegeben haben, lässt sich nur über die Statistiken sämtlicher Ausländerbehörden ermitteln. Momentan ist unklar, wie viele Greencardinhaber in Deutschland leben oder wann sie das Land verlassen haben. Die Wirtschaft selbst äußert sich positiv über den Verlauf des Programms. "Die Greencard ist für unsere Branche ein Erfolg und ein wichtiger Standortfaktor", so Bitkom-Vize Harms. Unternehmer sagen weiter, mit Greencardlern gelänge es deutlich besser, weitere Projekte für ihre Firmen an Land zu ziehen.

Ein Nebeneffekt der grünen "Hoffnungs"-Karte der Bundesregierung ist ein wachsendes Interesse am Informatikstudium in Deutschland. Schon Anfang der 1990er gab es einen spürbaren Mangel an Informatik-Absolventen hierzulande, was im Personalmarkt bis heute nachwirkt. Das Manko der Greencrard aus Sicht der Unternehmer – die Befristung auf maximal fünf Jahre – könnte bei Inkraftreten des neuen Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2003 jedoch wegfallen. Es sei viel in die Greencard-Mitarbeiter investiert worden, so Personalreferent Alexander Eckert vom IT-Unternehmen Marconi. "Wir wollen die nicht einfach so ziehen lassen!"