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Klare Forderung

2. Oktober 2009

Verbesserungen beim Bleiberecht und bei der humanitären Lage der übers Mittelmeer kommenden Flüchtlinge - mit solchen Forderungen konfrontieren Amnesty International und Pro Asyl die neue Bundesregierung.

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Flüchtlinge fordern mit Sprechchören und Transparenten "Bleiberecht für alle" und den Stopp von Abschiebungen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance / dpa

Wenige Tage nach der Bundestagswahl haben Amnesty International und Pro Asyl von der neuen schwarz-gelben Bundesregierung einen besseren Schutz für Flüchtlinge in Deutschland und in Europa gefordert. Vertreter der beiden Menschenrechtsorganisationen stellten im Vorfeld des Weltflüchtlingstags am 2. Oktober bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin ihre Erwartungen und Forderungen an die beiden Koalitionspartner CDU und FDP vor: "Wir brauchen eine an den Menschenrechten orientierte Politik, die kohärent ist bei Außen-, Innen-, Justiz-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik. Das war bisher nicht gewährleistet", mahnte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt an.

Neuanfang bei Bleiberechtsregelung nötig

In Deutschland lebende Flüchtlinge, die bis zum Stichtag 31.12.2009 nicht nachweisen können, dass sie ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten können, fallen nach dem Stichtag zurück in den unsicheren Duldungsstatus. Diesen Menschen mit ihren in Deutschland geborenen Kindern droht dann die Abschiebung.

Bei der Bleiberechtsregelung für die in Deutschland geduldeten Flüchtlinge werde nach Ansicht von Amnesty international und Pro Asyl deshalb dringend ein Neuanfang gebraucht, denn Abschiebungen nach jahrelangem Aufenthalt seien unmenschlich und inakzeptabel. Beide Organisationen fordern deshalb gemeinsam die Bundesregierung auf, die zum 31. Dezember auslaufende Bleiberechtsregelung neu zu fassen und deutlich zu verbessern. "Es gibt 60.000 Menschen, die länger als sechs Jahre in Deutschland leben, ohne überhaupt eine Chance auf ein Bleiberecht zu bekommen. Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen, ohne Wenn und Aber", betonte Burkhardt.

Union und FDP müssten dieses Thema im Koalitionsvertrag verankern: "Es ist mein Eindruck, dass die FDP die Bürgerrechtsthemen ernster nimmt als in den 1980er und 90er- Jahren", sagte Burkhardt. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass die entscheidenden Weichenstellungen auf europäischer Ebene erfolgen müssten.

Farbe bekennen

Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt (Foto: Pro Asyl)
Pro Asyl-Geschäftsführer Günter BurkhardtBild: PRO ASYL

Burkhardt erinnerte an die klaren Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Menschenrechtsverletzungen weltweit. Er vermisse jedoch nicht nur aus Deutschland, sondern auch von den anderen europäischen Staaten eine kohärente Politik der Menschenrechte an Europas Grenzen: "Hier muss man Farbe bekennen. Wir erwarten mehr Solidarität innerhalb der europäischen Staaten, mehr Humanität an den Grenzen und vor allem, dass die völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Standards eingehalten werden."

Zur solidarischen Verteilung der Aufgaben im Flüchtlingsschutz gehört nach Ansicht von Pro Asyl und Amnesty International auch, einem Programm für die regelmäßige Neuansiedlung von Flüchtlingen zuzustimmen. Die Aufnahme irakischer Flüchtlinge zeige, dass ein solches Programm umsetzbar sei. Wolfgang Grenz von Amnesty International lobte an dieser Stelle, dass die Bundesregierung sich im Rahmen einer Entscheidung auf EU-Ebene bereit erklärt habe, 2500 irakische Flüchtlinge aufzunehmen. Das könne jedoch nur der Anfang sein.

Mit Blick auf die Flüchtlingspolitik der EU kritisierten Pro Asyl und Amnesty die Verlagerung der Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme an die Randstaaten Europas. Kleine Länder wie Malta und Zypern, aber auch Griechenland seien damit überlastet.

"Flüchtlingsschutz gilt überall"

Illegale subsaharische Flüchtlinge werden von spanischem Küstenschutz am 29. September 2008 vor den Kanaren/Teneriffa gerettet (Foto: DPA)
Afrikanische Flüchtlinge vor den KanarenBild: picture-alliance/ dpa

Deutschland sei deshalb aufgefordert, sich mit seinem ganzen politischen Gewicht für eine faire Behandlung der über das Mittelmeer nach Europa kommenden Flüchtlinge einzusetzen, betonte Grenz: "Es gibt auch im Mittelmeer und anderswo keinen menschenrechtsfreien Raum und keinen Raum, wo der Flüchtlingsschutz nicht gilt. Die Grundprinzipien gelten überall."

Auch Menschen, die auf hoher See aufgegriffen würden, haben laut Grenz Anspruch auf ein faires Asylverfahren. Libyen und andere nordafrikanische Staaten, wohin die Bootsflüchtlinge zurückgeschoben würden, erfüllten diese Voraussetzungen nicht. "Einen Flüchtling ohne Überprüfung seiner Fluchtgründe in Transitstaaten zurückzuschicken, ist völkerrechtswidrig", so der Amnesty-Asylexperte.

Zugleich sprachen sich Amnesty International und Pro Asyl für eine bessere Kontrolle der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX aus, die für die Sicherung der EU-Außengrenzen zuständig ist.

Autorin: Sabine Ripperger

Redaktion: Kay-Alexander Scholz