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Faschismus als Bedrohung in Serbien

12. Mai 2005

Ist der Faschismus auch 60. Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs in Serbien noch präsent? Diese Frage wurde am 7. Mai im Vojvodina-Parlament bei einer Rundtischdiskussion erörtert.

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Verbot von Tomislav Nikolics ultra-nationalistischer Serbischer Radikaler Partei gefordertBild: AP

Über Serbien kann man sagen, dass es ein Land ist, in dem auch heute noch in der Elite rechtsextreme und nationalistische Standpunkte dominieren. Es stellt sich allerdings die Frage, ob auch die jüngste Kriegsvergangenheit und die Ablehnung, sich der Verantwortung für Kriegsverbrechen zu stellen, die im Namen der gesamten Nation begangen wurden, tatsächlich als Faschismus bezeichnet werden kann. So die Schlussfolgerung der Rundtischdiskussion in Novi Sad unter dem Namen "Kreist der Geist des Faschismus über Serbien?".

Indikator für Faschismus

Dem Publizisten Teofil Pancic zufolge gehört der Faschismus, "auch weiterhin zu einem nicht nur historischen, sondern auch modernen Phänomen und in unserer Region sehr wohl präsenten Phänomen." Der "beste Indikator für Faschismus" seien die Beziehungen zu den Kosovo-Albanern, so der Soziologe Vladimir Ilic. "Wir möchten unsere Verfassung und Gesetze anwenden, aber wir lehnen eine siebenstellige Zahl unserer Bürger ab, weil wir sie als Fremdkörper erleben. Ich habe in der Öffentlichkeit noch keine Person erlebt, die den Mut aufbrachte, die aktuellen Machthaber zu fragen, wie viele Bürger Serbiens im Kosovo leben. Gibt es 100.000 Kosovo-Serben plus 220.000 Flüchtlinge oder sind es etwa zwei Millionen Bürger, die insgesamt im Kosovo leben?"

Parteiverbot gefordert

Der Vorsitzende des Ausschusses für europäische Integration des Vojvodina-Parlaments, Nenad Canak, setzte sich erneut für ein Verbot der Serbischen Radikalen Partei ein. Seiner Einschätzung nach existiert zwar die Kollektivschuld eines ganzen Volkes nicht, aber sehr wohl die Kollektivschuld politischer Organisationen. "Denn der aktive Anschluss an eine Organisation, ist eine bewusste Handlung. Daher wurden auch nach dem 2. Weltkrieg Organisationen als verbrecherisch deklariert und allein die Mitgliedschaft in einer solchen Organisation reichte als Grund für strafrechtliche Verfolgung aus."

Der Schriftsteller Laszlo Vegel widersprach Canak, allein das Verbot der Radikalen würde das Übel in Serbien nicht ausrotten. "Sie können sie zwar verbieten, sie werden jedoch wieder in Erscheinung treten, weil niemand die Kraft hat sich mit diesem alltäglichen Übel auseinander zu setzen und zu sagen, was gut ist und was böse, was bürgerliche Werte sind."

Dinko Gruhonjic, Novi Sad
DW-RADIO/Serbisch, 7.5.2005, Fokus Ost-Südost