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Europa Hautnah

Steffen Leidel2. März 2007

In unserer Reportage geht es diesmal um Strom aus der Sonne. Der lässt sich auf zwei Arten gewinnen: Entweder mit Solarzellen, die Strom direkt aus Sonnenlicht erzeugen. Oder mit solarthermischen Kraftwerken.

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Bild: AP

Dabei wird mit der Sonnenenergie Dampf erzeugt, der dann - wie bei anderen Kraftwerken auch - eine Turbine antreibt. In Südspanien, in der Nähe von Granada entsteht derzeit der weltgrößte solarthermische Kraftwerkspark der Welt. Steffen Leidel hat ihn für uns besucht.

Die Baustelle der weltweit größten solarthermischen Anlage wirbelt mächtig Staub auf. Kleine schmutzige Windhosen wandern über nackte Erde, planiert wie ein Fußballplatz von gigantischen Ausmaßen. Aus der Ferne ist ein bläuliches Schimmern auszumachen: Die ersten Sonnen-Spiegel vom Kraftwerk Andasol 1 sind bereits montiert.

"Wir sind auf dem Weg zu Andasol 1, links die Schneebedeckte Sierra Nevada, man sieht viele Lastwagen, die Erde transportieren. Das Solarfeld muss absolut eben sein." Oliver Vorbrugg ist technischer Leiter bei der spanischen Tochter von Solarmillennium. Die Erlanger Firma hat das Großprojekt entwickelt. Andasol 1 ist das erste von insgesamt drei baugleichen Kraftwerken, die in der kargen Ebene am Fuße der Sierra Nevada in den nächsten Jahren gebaut werden. 150 Megawatt Strom sollen so erzeugt werden, ein Drittel von der Leistung, die ein mittleres Kohlekraftwerk produziert.

Fußballplätze für die Sonne

Ein Wärmespeicher erlaubt es auch nachts, wenn die Sonne nicht mehr scheint, Strom zu erzeugen. Strom für rund 600.000 Menschen. Andasol 1 soll 2008 fertig sein. Um genügend Sonne einzufangen, braucht es hundertausende Spiegel und vor allem: Fläche - jedes Kraftwerk misst zwei Quadratkilometer. "Der Standort ist ideal. Wir sind auf einer Höhe von 1100 Metern über dem Meeressspiegel. Wir nutzen die direkte Strahlung der Sonne. Je höher wir sind, desto weniger Partikel in der
Luft, desto höher die Kraft der Sonne."

Die Mitarbeiter benötigten eine gehörige Portion Idealismus, um das Projekt umsetzen. Lange wurden sie belächelt. Das größte Problem war die Finanzierung. Allein Andasol 1 kostet 260 Millionen Euro. Dass letztlich private Investoren eingestiegen sind, liegt an der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung in Spanien von rund 21 Cent pro Kilowattstunde.

Steuerliche Anreize

Damit wird die hohe Investition überaus rentabel: "Es ist so, dass der solarerzeugte Strom besser vergütet wird, als konventionell erzeugter Strom, das heißt, man bekommt hier den dreifachen Marktpreis. Daher gibt es private Investoren, die das Kraftwerk betreiben werden, die dann die große Investition erst einmal tragen und im Laufe des Betriebs einen Gewinn erwirtschaften."

Experten veranschlagen für eine Kilowattstunde Solarstrom zwischen 15 und 25 Cent. Dass das Projekt rentabel ist, dafür spricht auch, dass die wichtigsten spanischen Energieversorger wie Endesa oder Iberdrola kräftig investiert haben. Mit 75 Prozent hält der spanische Baukonzern ACS den größten Anteil.

Know-How aus Deutschland

Das Know-How ist vor allem deutsch. Kollektoren und Turbinen kommen aus Deutschland. Das könnte sich jedoch bald ändern, sagt Peter Heller, Ingenieur vom deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum. "Es gibt sehr starkes nationales Interesse in Spanien, viele Firmen wollen in dieses Gebiet einsteigen. Sie wollen zum Teil das Know-How nutzen, das über Jahre von deutschen Forschern und spanischen Institutionen angesammelt wurde. Es gab eine jahrelange Vorherrschaft von deutschen Firmen, aber die Spanier holen auf."

Peter Heller forscht seit zehn Jahren in Europas führendem Testzentrum für Solarenergie, der "Plataforma Solar" bei Almeria. Hier wurde die im Kraftwerk Andasol angewendete Parabolrinnen-Technologie optimiert. Leicht gekrümmte Spiegel bündeln das Sonnenlicht auf ein mit Öl gefülltes Rohr in der Brennlinie des Kollektors. Mit dem so erhitzten Öl wird Dampf erzeugt, der eine Turbine antreibt.

Die neueste Technologie: Turmkraftwerke

Auf dem Gelände des Testzentrums forscht man schon seit Jahren auch an einer anderen Technik, so genannten Solarturmkraftwerken: Spiegelkollektoren fokussieren das Sonnenlicht auf die Spitze eines Turmes. "Das ist ein Solarturm, eine Komponente eines Turmkraftwerks, die zweite Komponente ist das Spiegelfeld, das aus 300 Einzelspiegeln besteht, die der Sonne nachgeführt werden per Computer. Jeder einzelne dieser Spiegel spiegelt die Sonne auf die Spitze des Turms, wo diese Strahlung in Wärme umgewandelt wird."

Große Turmkraftwerke sind noch eine Zukunftsvision, die Parabolrinnen-Technologie dagegen ist weit entwickelt. In Spanien gibt es derzeit sehr viele, die Solarkraftwerke mit dieser Technologie bauen möchten. Laut Gesetz dürfen derzeit allerdings nur bis zu 500 Megawatt aus solarthermischen Anlagen ins spanische
Stromnetz eingespeist werden. "Es sind deutlich mehr Anträge für neue Solar-Kraftwerke gestellt worden, als es das Energieeinspeisegesetz vorsieht."

Spanien ist Europas Sonnenland Nummer eins. Heller sieht für solarthermische Kraftwerke allerdings in Nordafrika das größte Potential. Theoretisch denkbar ist es, ganz Europa mit einem riesigen Kraftwerk in der Sahara mit Strom versorgen. Allerdings wären dafür gigantische Investitionen nötig, außerdem würde man sich von politisch instabilen Ländern abhängig machen. Das Mega-Solarkraftwerk bleibt vorerst also eine Vision.