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Neue Kritik an Putin

26. November 2007

Der Europarat schickt 55 Wahlbeobachter nach Russland. Wie wichtig die sind, zeigen die jüngsten Verhaftungen von Regime-Gegnern. Die Kritik an der Unterdrückung der russischen Opposition wächst.

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Ex-Schachweltmeister Garry Kasparow (24.11.2007, Quelle: AP )
Ex-Schachweltmeister Garry Kasparow wurde auf einer Demonstration festgenommenBild: AP

Der Europarat wird 55 Beobachter zur russischen Parlamentswahl am Sonntag entsenden. Wie eine Sprecherin am Montag (26.11.2007) mitteilte, sollen die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats bereits am Donnerstag in Moskau eintreffen. Dort wollen sie den Angaben zufolge zunächst mit Vertretern von Parteien, Medien und Nicht-Regierungsorganisationen zusammentreffen. Anschließend sollen sie den Ablauf des Urnengangs in einer "Auswahl repräsentativer Wahlbüros" verfolgen, vor allem in Zentralrussland, in Sibirien und im äußersten Osten des Landes.

200 Demonstranten wurden am Wochenende festgenommen, Quelle: AP
200 Demonstranten wurden am Wochenende festgenommenBild: AP

Zehn Mitglieder der Versammlung hatten sich im Auftrag des Europarats bereits Anfang November vor Ort über die Vorbereitung der Wahl informiert. Sie zeigten sich anschließend beunruhigt über die "fast vollständige Kontrolle des Staates" über die elektronischen Medien in Russland. Dadurch werde die Opposition benachteiligt. Außerdem warf die Delegation der russischen Regierung vor, sie habe internationale Beobachter zu spät eingeladen und ihre Zahl zu sehr eingeschränkt. Dies erschwere eine "effiziente Beobachtung", zumal Russland ein "riesiges Territorium" sei.

OSZE sagte Mission ab

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte ihre Wahlbeobachtungsmission in Russland aus diesen Gründen abgesagt: Die Behörden hätten die rechtzeitige Einreise und korrekte Arbeit der Beobachter behindert. Die russischen Behörden hätten keine Bereitschaft gezeigt, die OSZE-Beobachter rechtzeitig zu empfangen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Der russische Präsident wies dies am Montag zurück. Er warf den USA vor, sie seien für das Fernbleiben der Wahlbeobachter verantwortlich. "Die Entscheidung OSZE-Beobachter wurde auf Empfehlung des US-Außenministeriums getroffen. Das werden wir bei den bilateralen Beziehungen berücksichtigen", sagte Putin vor Journalisten in St. Petersburg.

Wie schwer es die Opposition in Russland hat, zeigte am vergangenen Wochenende die Verhaftung zahlreicher Demonstranten. Die Polizei war in Moskau und St. Petersburg mit zum Teil massiver Gewalt gegen tausende Gegner von Präsident Wladimir Putin vorgegangen. Allein in St. Petersburg nahmen die Sicherheitskräfte bis zu 200 Menschen fest.

Fünf Tage Haft für Kasparow

Garry Kasparow, einer der Wortführer der Opposition, war am Samstag in Moskau festgesetzt und zu einer fünftägigen Haftstrafe verurteilt worden. Vorübergehend wurden in der zweitgrößten russischen Stadt auch die Führer der liberalen Union der Rechten Kräfte, Boris Nemtzow und Nikita Belych, festgenommen. Sie bemühen sich am kommenden Sonntag um ein Parlamentsmandat.

Die USA verurteilten das als aggressive Taktik der Regierung. Kritik am Vorgehen der russischen Regierung kam auch aus der EU und Deutschland. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte die Freilassung der regierungskritischen Demonstranten. "Ich bin sehr beunruhigt über Berichte über die Verfolgung und die Festnahme von friedlichen Demonstranten durch die Polizei", erklärte Barroso am Montag. "Ich bedaure sehr, dass die Behörden es für nötig hielten, so streng vorzugehen". Das Recht auf Meinungsäußerung und Demonstrationen gehöre zu den Grundrechten einer Demokratie. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, die Behörde werde alle Entwicklungen vor den Wahlen in Russland sehr genau beobachten. "Wir glauben immer noch an die Möglichkeit, dass es freie und faire Wahlen gibt."

Steinmeier: Kein günstiges Bild

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, die Sicherheitskräfte hätten die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht gewahrt. "Wir bestehen darauf, dass die Freiheit der Berichterstattung und Meinungsfreiheit in Russland gewährleistet wird", sagte Steinmeier. Gerade vor den Wahlen in Russland müsse darauf verwiesen werden, "dass das Bild, was hier vermittelt wird, kein günstiges ist".

Putins Gegner werfen dem in der Bevölkerung populären Präsidenten vor, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 gewonnenen demokratischen Rechte und Freiheiten beseitigen zu wollen.

Nach Meinungsumfragen steuert Putins Partei "Einiges Russland" bei der Wahl am Sonntag auf einen deutlichen Sieg zu. Der Präsident, der bei der am Montag endgültig auf den 2. März festgesetzten Wahl des neuen Staatsoberhaupts nicht wieder antreten darf, ist Spitzenkandidat der Kreml-Partei. (mg)