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Erweiterung! Welche Erweiterung?

Bernd Riegert5. Mai 2004

Die neuen Kommissare können ihre Arbeit aufnehmen. Das EU-Parlament hat die zehn Kandidaten jetzt offiziell im Amt bestätigt. Nur bei der Verständigung hapert es noch im Zentrum der EU-Verwaltung.

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Bild: AP

Die Feierlichkeiten zur EU-Erweiterung sind vorüber - und schon ist man an den Standorten der Europäischen Union, Brüssel und Straßburg, wieder zur Tagesordnung übergegangen. Viel hat sich seit dem 1. Mai 2004 nicht verändert. Vier Tage nach den Festakten anlässlich der Aufnahmen der zehn neuen Mitglieder sind die Fahnen wieder eingerollt. In Brüssel herrscht Alltag - "business as usual". Die EU-Kommission ignoriert die viel gepriesene Aufnahme der zehn Neuen zumindest sprachlich. Auf der Webseite der Kommission stehen nur die bisherigen elf Amtssprachen Europas zur Verfügung. Die neun neuen Sprachen kämen aber bald dazu, heißt es von den zuständigen Beamten.

Ähnliches widerfuhr den Abgeordneten im Europäischen Parlament: Bei der ersten Abstimmung im um 162 Abgeordente gewachsenen Haus lagen die Drucksachen nicht in allen 20 Amtssprachen vor. Parlamentspräsident Pat Cox wischte die Beschwerden von Abgeordneten - noch ganz von der historischen Aura des 1. Mai umgeben - mit der Bemerkung "Wir wollen doch jetzt nicht kleinlich werden!" vom Tisch.

Bürokratie und fließende Übergange

Der Alltagstrott hat Brüssel wieder - nicht nur weil es wie immer regnet aus grauem Himmel, sondern auch weil sich eigentlich nichts verändert hat: Die besagten 162 Abgeordneten und neuen EU-Kommissare (siehe DW-Link "Zehn neue Kommissare") waren schon vor dem 1. Mai da. Da hießen sie nur anders, nämlich: Beobachter. Jetzt haben sie Stimmrecht. Aber Büros, Angestellte, Akten bleiben unverändert. An den Tagungen des Ministerrates und der Ausschüsse im Ratsgebäude haben die neuen Mitgliedstaaten bereits seit einem Jahr teilgenommen. Hier laufe alles reibungslos, meint der Pressesprecher.

Die Masse der Beamten in der EU-Kommission tut, was sie immer schon tat: Sie wächst. Zurzeit sind 34.000 "Eurokraten" angestellt. In den nächsten vier Jahren sollen wegen der EU-Erweiterung 6.000 neue Stellen hinzu kommen. Das alles vollzieht sich in gemächlichen Tempo - kein "Big Bang".

Die Botschaften der neuen EU-Staaten sind auch schon seit mehreren Jahren in Brüssel, im letzten Jahr wurde bereits ihr Personal erweitert. Am 1. Mai stand niemand mit gepackten Koffern vor den Türen. Die neuen EU-Kommissare sind auch bereits seit März in Brüssel und haben angefangen - zwar ohne Zugeständigkeiten, aber mit einem kleinen Kreis von Mitarbeitern - zu arbeiten.

Käse und Gulasch

Im Straßenbild von Brüssel hat sich eigentlich auch nichts getan. Das neue Kommissionsgebäude ist natürlich nicht - wie geplant - zur Erweiterung bezugsfertig. Hier und da hängt noch ein Fähnchen von den Erweiterungsfeiern - das war's. Auffällig sind höchstens die vielen Autos mit Kennzeichen aus Litauen, Tschechien oder Polen. Die Fahrer versuchen seit Monaten, sich an die chaotischen Verkehrsregeln und chronisch verstopften Straßen in Brüssel zu gewöhnen.

Interessant, aber auch nicht über Nacht gekommen, ist die Vielzahl von Sprachen, die man im Europaviertel hören kann. Ob in der U-Bahn, im Fitnesscenter oder in der Sandwichbar - überall umgeben einen Gesprächsfetzen aus Deutsch, Polnisch, Spanisch, Ungarisch - oder war das Finnisch?

Eine fühlbare Veränderung gibt es seit dem 1. Mai in den Kantinen der Kommissionsgebäude: Mehr Gerichte aus den Beitrittsländern: Zyprischen Käse oder das sprichwörtliche Gulasch aus Ungarn.