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El Baradei will nicht mehr kandidieren

15. Januar 2012

Aus für den Hoffnungsträger: Aus Protest gegen den ägyptischen Militärrat will der Friedensnobelpreisträger El Baradei nicht bei der Präsidentenwahl antreten. Er sagte, sein Gewissen erlaube ihm keine Kandidatur.

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Mohamed El Baradei (Foto: AP)
Mohamed El Baradei zieht sich aus dem Rennen um das Präsidentenamt zurückBild: dapd

Faire Wahlen seien unter den derzeitigen Umständen nicht möglich, erklärte Mohammed El Baradei. Der Militärrat, der nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak die Macht übernommen hatte, sei mit seinem Anspruch gescheitert, Ägypten auf den Weg zur Demokratie zu führen. Die Generäle würden regieren, als ob es nie eine Revolution gegeben habe und kein Regime gestürzt worden sei. Anstatt die Nation bei einem organisierten politischen Prozess zu vereinen, entschieden sie stets alleine und trugen dadurch zu einer Spaltung der Gesellschaft bei.

"Ich hatte von Anfang an gesagt, dass mein Gewissen es mir nicht erlauben wird, für die Präsidentschaft oder irgendeinen offiziellen Posten zu kandidieren, es sei denn, es gibt einen echten demokratischen Rahmen, der das Wesen von Demokratie aufrecht erhält und nicht nur ihre Form", heißt es in einer Erklärung des 69-Jährigen. El Baradei hatte seine Kandidatur im März 2011 angekündigt.

Präsidentenwahl bis Juni

Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) rief zugleich junge Ägypter auf, ihre friedlichen Proteste im Land fortzusetzen. "Die Jugendlichen sind es, die dieses Land wieder aufbauen werden."

Bis Juni soll Ägypten einen neuen Präsidenten wählen. Mit der Präsidentenwahl soll der Militärrat die Macht abgeben. El Baradeis Entscheidung kommt nur wenige Tage vor dem 25. Januar, an dem die Ägypter den ersten Jahrestag des Aufstands gegen den langjährigen Machthaber Husni Mubarak feiern.

El Baradei galt insbesondere in westlichen Ländern als Hoffnungsträger für Ägypten. Er wird vor allem von den Liberalen und der Protestbewegung unterstützt, die Mubarak zu Fall brachte. Ein Großteil der Bevölkerung blieb ihm gegenüber allerdings skeptisch. Der Nobelpreisträger sei zu lange im Ausland gewesen, verstehe die Menschen im Land nicht, hieß es. Viele Ägypter kritisierten ihn auch dafür, dass er sich seit dem Beginn der ägyptischen Revolution bei den Straßenprotesten zurückgehalten habe. Er habe die Chance nicht genutzt, um als starker Anführer des Aufstands aufzutreten.

Islamisten auf dem Vormarsch

Schon zu Zeiten von Präsident Mubarak war El Baradei als Bewerber für das Präsidentenamt im Gespräch. Unbekannte stellten damals jedoch Fotos seiner Tochter im Badeanzug ins Internet und provozierten damit in dem konservativen Land eine heftige Debatte über die Moral in dessen Familie. Bei den noch laufenden Parlamentswahlen spiegelt sich die aktuelle Stimmung in dem Land wider: Die Islamisten dürften künftig die deutliche Mehrheit im Parlament stellen.

Der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, der sich ebenfalls für Präsidentenamt bewerben will, äußerte sein Bedauern über die Entscheidung. Er hoffe, El Baradei werde sich auch weiterhin für den Neuaufbau Ägyptens engagieren, teilte Mussa über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Autor: Reinhard Kleber (dpad, rtr, dpa)
Redaktion: Christian Walz