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Interview

Andreas Noll18. Oktober 2008

Wegen der Kaukasuskrise hatte Brüssel die Verhandlungen über das Partnerschaftsabkommen auf Eis gelegt. Mit dem fristgemäßen Abzug der russischen Truppen aus georgischem Kernland könnten bald neue Verhandlungen beginnen.

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Benita Ferrero-Waldner (8.4.08/)
Eine Entscheidung über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland werde voraussichtlich erst im November fallen, sagt EU-Außenministerin Ferrero-WaldnerBild: picture-alliance/dpa

Fokus Europa: Wann wird Brüssel wieder mit Moskau über ein neues Partnerschaftsabkommen verhandeln können?

Benita Ferrero-Waldner: Die Antwort ist noch nicht so klar. Deshalb, weil ich als Kommissarin zusammen mit meinen Teams aufgerufen bin, zuerst eine umfassende Analyse vorzulegen, an der wir gerade arbeiten und die voraussichtlich für den nächsten Außenministerrat fertig sein wird, der ja vor dem EU-Gipfel mit Russland stattfinden wird. Der ist am 14. November.

Auf welches konkrete Signal aus Moskau warten Sie eigentlich?

Es ist so, dass wir hier aus unserer Sicht sicher sein müssen, dass wir die Verhandlungen wieder aufnehmen wollen. Das ist dann eine Frage, wo ich Rückenwind brauche von allen 27 Mitgliedsstaaten. Und das ist eine Diskussion, die heute nur in groben Zügen geführt wurde, die aber dann auf Grund unserer Revision und unserer Analyse im breiten Rahmen zu führen ist. Sicher wird auch im europäischen Rat dieses Thema kurz angesprochen werden. Aber ich glaube, dass eine Entscheidung erst beim nächsten Außenministertreffen fallen wird.

Wie kommt es, dass sich Europa in Russland so schwer tut, mit einer Stimme zu sprechen? Warum machen wir da keine Fortschritte?

Ich glaube nicht, dass wir keine Fortschritte machen, sondern ich glaube, wir wollen eben sehr seriös arbeiten. Und die Kommission wurde aufgefordert, diese Revision auf den Tisch zu legen. Das ist eine sehr tiefgehende Analyse, die wir durchführen...

Aber die dauert ja nun schon seit Monaten...

Nein, die dauert nicht seit Monaten, sondern die dauert einige Wochen. Und wenn Sie wüssten, wie viele Abkommen wir haben und wie viele unterschiedliche Beziehungsebenen wir mit Russland haben, dann würden Sie diese Frage nicht in dieser Form stellen. Sondern ich glaube, es ist notwendig, dass wir das zugrunde legen. Das wird auch gemacht. Und Sie können sicher sein, dass dann die Diskussionen auch zu Ende geführt werden. Wir haben erst begonnen.

Aber Russland hat es offensichtlich eiliger, zur Normalität zurückzukehren und hat vorgeschlagen, die Gespräche über ein neues Partnerschaftsabkommen bereits im Oktober, also noch vor dem EU-Russland-Gipfel, aufzunehmen. Was sagen Sie denn dazu?

Ich kann Ihnen folgendes sagen: Wir glauben auch nicht, dass wir nach dem, was in Georgien passiert ist, einfach zum business as usual übergehen können. Das war auch der Grund übrigens, warum die Kommission vorgeschlagen hatte und der Rat akzeptiert hat, dass wir sehr wohl die laufenden Dinge, also das tägliche Geschäft, weiter machen – aber die Verhandlungen erst einmal verschoben werden. Jetzt brauchen wir, wie ich sagte, die Unterstützung von allen, um diese Verhandlungen jetzt sozusagen zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zu beginnen.

Wie stark ist denn das Signal aus Moskau, dass man sich mit den russischen Truppen aus dem georgischen Kernland zurückgezogen hat?

Russland hat hier eben einen Rückzug gemacht aus dem georgischen Kernland, aber es sind gewisse Punkte offen und über die wird eben im Detail noch gesprochen werden. Genau dazu sind ja auch diese Genfer Gespräche da. Daher wollen wir diese Genfer Gespräche natürlich auch erst einmal abwarten.

Was wäre für Sie ein Erfolg dieser Gespräche? Was könnte da am Ende stehen?

Ein Erfolg der Gespräche wäre sicher, wenn sich ein positiver Verhandlungsprozess ergäbe, der dazu führt, dass auch Georgien wieder eine volle Souveränität hat für alle Bereiche. Aber ich glaube, es wird ein langwieriger Prozess sein.

Die Österreicherin Benita Ferrero-Waldner ist seit 2004 EU-Außenkommissarin.