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'Regen-Ernte' in Kenia

Marc Engelhardt 13. August 2007

Regenwasser aus Granitfelsen, aufgefangen in riesigen Tanks: Mit 'Rainwater Harvesting' bringt die Deutsche Welthungerhilfe Wasser in eine der trockensten Gegenden Kenias. Das UN-Umweltprogramm empfiehlt Nachahmung.

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Klimakonferenz in Nairobi 2006: Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms (Quelle: dpa)
Klimakonferenz 2006 in Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms, informiert sich in Kenia über die 'Regenernte'Bild: picture-alliance/ dpa

Juliana Kinibio steht auf ihrem Hof und bereitet Maismehl zu. Ihr jüngster Sohn spielt im roten Staub, der zu dieser Jahreszeit die dürren Zweige und den ausgemergelten Boden bedeckt. Seit neun Monaten hat es hier im Makueni im Südosten Kenias nicht geregnet. Die Region um Makindu am Tsavo-Nationalpark ist eine der trockensten Gegenden Kenias. Der nächste Niederschlag wird erst im November erwartet.

Sechs Kilometer Fußmarsch zur Wasserstelle

In Zeiten großer Trockenheit treiben kenianische Nomaden ihr Vieh oft bis in die Nähe der Städte (Quelle: dpa)
Suche nach WeidelandBild: AP

Für die allein stehende Mutter von sieben Kindern, ist das Leben deshalb noch härter als sonst schon. Jeden Tag muss sie mehrere große Kanister zum Hof tragen, damit ihre Familie genug Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen hat. Dabei sei das nächste Wasserloch sechs Kilometer entfernt, sagt Juliana Kinibio. Manchmal habe sie an einem Tag nicht mehr als einen 20-Liter-Kanister hierher tragen können, weil sie nach dem Marsch durch die pralle Sonne so erschöpft sei. "Dabei brauchen wir eigentlich gut 100 Liter am Tag."

Granitfelsen als Wasserspender

Doch seit einem Jahr hat sich das Leben der 45-Jährigen radikal verändert. Heute steht sie kurz nach Sonnenaufgang auf, schnappt sich ihre Kanister und ist zum Frühstück wieder zurück. Die Quelle des neuen Wasserreichtums: Ein riesiger Inselberg aus Granit, nicht weit von ihrem Hof entfernt.

Am Fuß des Bergs, der in der lokalen Kamba-Sprache "Uvilio", Handfläche, heißt, stehen Frauen und Kinder in einer langen Reihe an. Geduldig warten sie darauf, dass ihre Kanister aufgefüllt werden. Die 21-jährige Alfe Kumundi hat zwei Kilometer hierher zurückgelegt. Sie strahlt. Jeden Tag komme sie hierher. Die neue Quelle helfe sehr. "Im letzten Jahr musste ich viel weiter laufen, um Wasser zu bekommen. Es ist ein kostbares Gut, dass wie jetzt hier Wasser holen können."

Die gute alte Regentonne, nur größer

Für zwanzig Liter Wasser muss Alfe zwei Kenianische Schilling bezahlen, umgerechnet etwa drei Euro-Cent. Mit dem Geld wird die Anlage in Schuss gehalten, die im vergangenen Jahr von der deutschen Welthungerhilfe auf dem Uvilio-Berg errichtet wurde. Projektleiter Peter Njoroge zeigt stolz auf die kleinen Mauern, die entlang des Hangs gebaut worden sind - von weitem sieht es aus wie ein Labyrinth. "Wir nutzen die Bergoberfläche, um Wasser aufzufangen", erklärt Peter Njogore. "Wenn Regen fällt, versuchen wir, das ablaufende Regenwasser mit Hilfe der Mauern umzuleiten." Zuerst laufe es in ein Reservoir und später in große Tanks, wo es gelagert werden könne.

"Rainwater Harvesting", die Ernte von Regenwasser, nennt sich das Verfahren, das ähnlich funktioniert wie die gute alte Regentonne - nur um einige Dimensionen größer. Acht Tanks stehen am Fuß des Uvilio-Bergs, sie fassen 900 Kubikmeter. Die Bevölkerung, die im Einzugsbereich lebt, kann damit ein gutes Jahr auskommen.

Besonders Frauen standen hinter dem Projekt

Regentropfen auf Pflanzenblatt (Quelle: dpa)
Trotz unregelmäßigerer Regenfälle infolge des Klimawandels: Zur 'Regen-Ernte' gäbe es in Kenia keine Alternative, sagen ExpertenBild: picture-alliance/dpa

Schon als Projektleiter Martin Kessler in Makueni erstmals von dem geplanten Projekt erzählte, war die Begeisterung groß. Und das, obwohl die Bevölkerung beim Bauen ordentlich mit anpacken musste. Ein Problem gab es auch, weil am Fuß des Bergs ein heiliger Schrein steht. Doch der traditionelle Priester gab schließlich sein Einverständnis. Nicht zuletzt auf Druck der Frauen, die von Anfang an die treibende Kraft waren. Kein Wunder, so Kessler, denn sie würden meist das Wasser holen. Und sie hätten sie ein großes Interesse, ihre Familie mit sauberem Wasser zu versorgen.

UN-Umweltprogramm ist angetan von der "Regen-Ernte"

Dass die Nutzung von Regenwasser eine große Zukunft hat, glaubt auch das UN-Umweltprogramm UNEP. In einer aktuellen Studie wird Kenia ein gewaltiges Potential vorhergesagt: Mit den hiesigen Regenfällen könnte das Wasserbedürfnis der Bevölkerung sechs bis sieben Mal gedeckt werden. Kessler und sein Team sind deshalb schon auf der Suche nach neuen Standorten. "Ich rechne damit, dass wir allein im Südosten Kenias 60 bis 100 mögliche Felsen hätten, von denen wir 'Rainwater Harvesting' machen könnten", freut sich Projektleiter Martin Kessler.