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Friedenshindernis

23. März 2010

Fast eine halbe Million jüdische Siedler leben in den palästinensischen Gebieten. Wenn es nach Israel geht, sollen die Siedlungsblocks auch im Falle einer Friedensregelung mit den Palästinensern erhalten bleiben.

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Die Siedlung Ramat Schlomo in Ostjerusalem (Foto: AP)
Der Siedlungsbau in Ostjerusalem geht weiterBild: AP

In Washington gelten die jüdischen Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem seit jeher als "Hindernis zum Frieden". Die Forderung, die Siedlungstätigkeit zu stoppen, wurde allerdings nur selten mit Nachdruck vertreten. Insofern schlug Präsident Barack Obama einen neuen Ton an, als er von Israel unmissverständlich verlangte, den weiteren Ausbau der Siedlungen einzufrieren.

Unvollständiger Baustopp

Unter dem Druck der amerikanischen Regierung verhängte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu daher im vergangenen November einen zehnmonatigen Baustopp für die Siedlungen. Nach Angaben der Organisation "Settlement Watch" wird diese Anweisung jedoch unterlaufen. Vom Baustopp ausgenommen ist Jerusalem. Israel hat den arabischen Ostteil der Stadt schon unmittelbar nach seiner Eroberung im Sechstagekrieg von 1967 annektiert und im selben Jahr auch per Gesetz zur unteilbaren Hauptstadt Israels erklärt. Noch vor seiner Abreise in die USA erklärte Netanjahu trotzig, dass Israel in Ostjerusalem auch weiterhin bauen werde. Seit 42 Jahren gebe es für die israelische Regierung keinen Unterschied zwischen Jerusalem und Tel Aviv.

Zankapfel Jerusalem

Doch auch die Palästinenser erheben Ansprüche auf die Stadt, in der mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee zwei bedeutende muslimische Heiligtümer und Wallfahrtstätten stehen. Sie wollen im Ostteil der Stadt ihre zukünftige Hauptstadt errichten. In den vergangenen Jahren jedoch seien sie zunehmend eingeengt und verdrängt worden, berichtet die deutsche Wissenschaftlerin Helga Baumgarten, die an der Birzeit-Universität in Ramallah lehrt. In ganzen Stadtteile würden derzeit Palästinenser vertrieben, sagt sie. Die Lage in der Stadt sei aufs Äußerste gespannt. "Ich denke, was momentan passiert, ist die Umsetzung des israelischen Slogans, dass Jerusalem die ewig unteilbare Hauptstadt des jüdischen Staates ist." In diesem Modell hätten die Palästinenser, die Bürger Jerusalems seien, keinen Platz mehr, sagt Baumgarten.

Palästinensische Verbitterung

Palästinensische Arbeiter (Foto: dpa)
Palästinensische Arbeiter beim Bau von jüdischen SiedlungenBild: picture-alliance/ dpa

Die Palästinenser reagieren mit Verbitterung auf die fortschreitende Siedlungspolitik in und um Ostjerusalem und im Westjordanland. Die besetzten Gebiete seien inzwischen so zerstückelt, dass die Gründung eines lebensfähigen Staates an der Seite Israels nicht mehr möglich sei, sagt der palästinensische Politologe Nur Masalha. "Wie will man einen palästinensischen Staat auf fünf Prozent des ursprünglichen Landes gründen?" fragt er. Israel habe mit der Siedlungspolitik alle Chancen auf eine Zweistaatenlösung systematisch unterminiert. Diese von der internationalen Staatengemeinschaft für den Nahostkonflikt angestrebte Lösung sei nach mehr als vierzig Jahren Siedlungspolitik nicht mehr umsetzbar. Masalha plädiert dafür, die Siedlungen als das zu bezeichnen, was sie in Wahrheit seien: "Kolonien". Israel lege in den besetzten Gebieten Kolonien an und zerstöre damit die Aussichten auf einen friedlichen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern.

Verärgerung in Berlin

Auch in Berlin ist man nicht mehr gewillt, die israelische Siedlungspolitik unwidersprochen hinzunehmen. So erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einer Woche: "Wir haben durch die Ankündigung des Baus neuer Wohnungen in Jerusalem einen schweren Rückschlag erlitten in der Frage, ob es zu Annäherungsgesprächen zwischen den Palästinensern und Israel kommt." In einem Telefonat mit Ministerpräsident Netanjahu habe sie deutlich gemacht, dass dies die Wiederaufnahme des Friedensprozesses störe, sagte Merkel während eines Besuchs des libanesischen Ministerpräsidenten Saad Hariri in Berlin.

Netanjahu freilich hatte dieses Telefongespräch mit Merkel in der israelischen Öffentlichkeit ganz anders dargestellt. Er habe die Bundeskanzlerin über die israelische Bautätigkeit in Ostjerusalem informiert, sagte er vor Journalisten in Jerusalem. Dies wurde als Zustimmung Merkels, die als eine der treuesten Freundinnen Israels gilt, zu Netanjahus Politik verstanden. In Berlin reagierte man mit Verärgerung, zumal die beiden Regierungschefs verabredet hatten, Stillschweigen über ihr Gespräch zu wahren. In ungewöhnlich deutlicher Sprache verurteilte daraufhin der Sprecher des Auswärtigen Amtes die israelische Siedlungspolitik. Sie stehe im Widerspruch zur so genannten Roadmap, die Israel dazu verpflichte, die Siedlungstätigkeit einzufrieren.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Anne Allmeling