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Der Papst will kein Heilwunder

14. August 2004

Er wollte als einfacher Pilger kommen. Aber wenn der Papst einen Wallfahrtsort besucht, entsteht trotzdem Trubel. Auch in Lourdes. Hofft der kranke Johannes Paul II. dort auf eine Wunderheilung? Der Vatikan sagt: Nein.

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Wallfahrtsgrotte in LourdesBild: AP

Es ist die zweite Reise des Papstes nach Lourdes in Frankreich: 1983 war er schon einmal da. Damals aber noch dynamisch, segnend und Hände schüttelnd. Heute (14. August 2004) ist Johannes Paul II. wieder als "Pilger unter Pilgern" gekommen - sofern man das von einem Menschen sagen kann, für den die Polizei 2700 Mann mobilisiert hat, den Boden-Luft-Raketen und patrouillierende Kampfjets notfalls beschützen.

Der Papst kommt aber auch als alter, kranker Mensch. Er will im Namen der Kirche "und der ganzen Welt" für Frieden und den Segen Gottes beten. Und er will vom Lourdeswasser trinken, das heilende Kräfte haben soll.

Nicht mehr als Kraft und Trost

Auf diese Wirkung setzt der Papst aber nicht, heißt es im Vatikan. Schon vor der anderthalbtägigen Reise betonte der vatikanische "Reisemarschall", Bischof Renato Boccardo, dass Johannes Paul II. schon immer den Leidenden besonders nahe gewesen sei - und nicht erst, seit ihm selbst die schwere Krankheit zu schaffen mache.

Auch der wichtigste theologische Berater des Kirchenoberhaupts, der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger, erklärte: Der Papst suche "mütterlichen Trost und innere Kraft" - aber kein Heilungswunder. Von denen soll es einige geben, seit - so die Legende - dem Hirtenmädchen Bernadette Soubirous 1858 in Lourdes die Mutter Gottes erschien. Die angeblichen Wunderheilungen werden von einem internationalen Ärztekomitee untersucht; 2000 gelten bisher als "medizinisch unerklärlich".

Kein allzu dichtes Programm

Im Vatikan hat man indes schon so seine Probleme damit, dass der 84-Jährige gesundheitlich stark angegriffen ist. Der Papst benutzt bei den Veranstaltungen keinen echten Rollstuhl, sondern fährt in einem Spezial-Sessel, dessen Rollen man nicht sieht. Gleichwohl übernachtet er in einem rollstuhlgerechten Pilgerheim - und nicht etwa in einer Bischofs-Residenz.

In Anbetracht seines Gesundheitszustandes wurde auch das Reiseprogramm abgespeckt, der Papst braucht lange Ruhepausen. Johannes Paul II. trifft zunächst den französischen Präsidenten Jacques Chirac und seine Frau Bernadette. In der Erscheinungsgrotte der Muttergottes wird er symbolisch eine goldene Rose als Geschenk überreichen und vor der Marienstatue beten. Samstagabend nimmt er auch an der Lichterprozession teil. Am Sonntag findet dann eine Papstmesse statt, zu der mehrere Hunderttausend Gläubige erwartet werden. Danach endet der Papstbesuch.

Der eigentliche Grund wird fast verdrängt

Diese 104. Auslandreise des Papstes kostet etwa 1,5 Millionen Euro, erklärt der zuständige Bischof Jacques Perrier. Die Pilger sollen das mit einem Obolus finanzieren: "Wir schlagen den Pilgern vor, jeweils zehn Euro zu spenden", sagt Perrier. Die Gabe sei aber freiwillig.

350.000 Wallfahrer werden erwartet. Der Rummel ist allerdings derart groß, dass die inhaltliche Mission des Papstes etwas in den Hintergrund gerät. Er will "für ein religiöses Erwachen der modernen Menschheit" beten und vor allem den 150. Jahrestag des Dogmas der unbefleckten Empfängnis feiern. Es wurde 1854 von Papst Pius IX. verkündet und besagt, dass Maria als einziger Mensch ohne Erbsünde auf die Welt kam. Das Dogma zählt zu den am meisten missverstandenen Lehren der katholischen Kirche und wird von Außenstehenden oft belächelt. (reh)