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Die Doha-Runde stockt

1. Dezember 2009

Auf der WTO-Ministerkonferenz in Genf wird kein Durchbruch erwartet in Sachen Doha-Runde. DW-WORLD.DE sprach mit Rolf Langhammer, Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft über die Gründe.

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Prof. Rolf Langhammer, Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft (Foto: dpa)
Prof. Rolf Langhammer, Vizepräsident des Instituts für WeltwirtschaftBild: picture-alliance/ dpa

DW-WORLD.DE: Wann kann die unendliche Geschichte "Doha-Runde" jemals zu einem Abschluss kommen?

Rolf Langhammer: Das würde ich auch gerne selbst einmal wissen. Es ist sicherlich so, dass in dieser Krisenzeit kein sehr guter Hintergrund für einen Abschluss der Runde besteht, die ja schon seit über acht Jahren hängt. Und ich sehe wenig Hoffnung in nächster Zeit, dass die Regierungen sich dazu durchringen werden, irgendwie zu einem Abschluss zu kommen. Sie können wohl mit dieser Hängepartie leben. Es ist sicherlich so, dass der Welthandel im letzten Jahr deutlich zurückgegangen ist, was wir noch nie so erlebt haben, in fast zweistelligen Größenordnungen. Nächstes Jahr wird es wieder besser, die Regierungen sehen jedenfalls nicht, dass die Handelsliberalisierung unbedingt in dieser Zeit zu einem Abschluss gebracht werden muss.

DW-WORLD.DE: Welche realistischen Kompromisse müssten denn jetzt erreicht werden?

Vor allen Dingen müsste den ärmeren Entwicklungsländern bei der Landwirtschaft entgegengekommen werden. Hier liegt der größte Stolperstein. Das hat sich ja auch in den Verhandlungen zwischen den USA und Indien erwiesen. Es gibt eben sehr viele Entwicklungsländer, die nicht nur wettbewerbsstark in Agrarprodukten sind, sondern auch Angst vor Wettbewerb im Agrarhandel haben. Länder wie Indien oder Indonesien werden nicht bereit sein, sich den Forderungen der Amerikaner zu beugen, ihre Märkte zu öffnen. Auf der andern Seite ist es natürlich so, dass auch die Europäische Union in der Krise wieder zu unglücklichen Instrumenten gegriffen hat, Stichwort Exportsubvention für Milchprodukte. Das alles hat den Hintergrund für einen Abschluss der Runde weiter verdunkelt.

Wir bleiben beim Beispiel Landwirtschaft. Wo liegt da genau ein Problem?

Da liegt einmal ein Problem darin, dass viele Länder jetzt zu Exportrestriktionen gegriffen haben. Das heißt, sie möchten ihre Landwirtschaft schützen vor dem Ausverkauf ins Ausland, so wie die das sehen, um die Preise dort niedrig zu halten. Dazu gehören Länder in Südostasien bei Reisexporten, dazu gehört natürlich auch Argentinien bei Maisprodukten. Viele Länder fordern zudem, dass es ein Abkommen über Sicherheit im Nahrungsmittelzugang geben müsste. Also Food security ist ein ganz wichtiges Schlagwort. Und viele Länder, zum Beispiel Indien, argumentieren, dass es ohne ein solches Abkommen über Food security auch keine Abkommen über Handelsliberalisierung bei Agrargütern geben würde. Hier ist die Sorge, dass viele Länder keine vernünftige Agrarbasis mehr haben und von daher zunächst einmal an die Ernährung ihrer Bevölkerung denken, ohne an den Handel zu denken.

Das war jetzt ein Beispiel dafür, wie arme und reiche Länder miteinander reden. Glauben Sie, das ist das größere Problem - oder sind es die Streitpunkte der reichen Länder untereinander?

Das ist ein Problem, glaube ich, das gelöst werden könnte. Natürlich gibt es zwischen den USA und der Europäischen Union immer wieder bei Agrarprodukten gewisse Probleme. Aber die sind ja bekannt und drehen sich im Wesentlichen um die Frage der Gesundheitsstandards, Stichwort hormonbehandeltes Fleisch, genetisch veränderte Organismen und Saatgut. Ich glaube, das ließe sich regeln, dafür gibt es ja die Streitschlichtung, und da hat man bilateral eine ganze Menge Möglichkeiten, zu einem Kompromiss zu kommen. Ich glaube, dass im Agrarbereich die Probleme zwischen ärmeren und reicheren Ländern gravierender sind.

Jetzt sagen einige Globalisierungskritiker, dass es vielleicht ganz gut wäre, wenn die Doha-Runde scheitern würde, wenn man sich die Weltwirtschaft mal anschaut.

Ich halte das für ganz falsch, denn die WTO ist mit ihrem Regelsystem das einzige globale Regelsystem, an das man sich überhaupt noch halten kann. Wir haben keins im Bereich der Umwelt, wir haben auch keins im Bereich der Finanzdienstleistungen und der Finanzmarktbeziehungen. Die WTO und sein Vorgänger GATT sind die einzigen Regelsysteme und sie schützen im Grunde genommen die ärmeren Länder vor der Willkür der Reicheren.

Rolf Langhammer ist Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel

Das Gespräch führte Klaus Jansen
Redaktion: Zhang Danhong