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Das Geschäft mit Kindern boomt

Anne Herrberg9. November 2004

Jährlich werden weltweit Millionen von Kinder verkauft und verschleppt, um ihre Kindheit als Arbeitssklaven, Prostituierte, Bettler oder Soldaten zu verbringen. Dennoch ist Kinderhandel noch immer ein Tabuthema.

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Kunden ohne SkrupelBild: TdH

Ein Strichcode und ein Preisschild auf dem steht: Junge oder Mädchen - 50 Euro! Das Plakat ist so schockierend wie eindeutig: Das Geschäft mit Kindern boomt. Und da ist ein Menschenleben nicht viel wert, sagt Rafaelle Salinari, Präsident der Menschenrechtsorganisation Terre des Hommes: "Die offiziellen Statistiken sind beeindruckend, aber leider nur die Spitze vom Eisberg, wir müssen annehmen, dass auf dem Markt mehrere Millionen Kinder gehandelt werden."

Ein Markt, bei dem Nachfrage über Angebot entscheidet. Leichtgewichtige Jungen als Jockeys für illegale Kamelrennen in den Golfstaaten? Gibt's in Afrika. Zierliche Kinderhände zum Teppich knüpfen? Gibt's in Indien. Niedliche Säuglinge für kinderlose Paare? Erbärmliche Gestalten, die Geld von reichen Europäern beschaffen sollen? Frisches Sexspielzeug für Pädophile? Ihre Opfer finden die Kinderhändler in den armen Regionen dieser Welt, in denen Verhältnissen herrschen, die enge Verwandte manchmal selbst zu Komplizen der Händler werden lassen.

Kinder als Roboter

Oft ist es auch einfach nur die Hoffnung, den eigenen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen, die Eltern anfällig für die Verheißungen der Schlepper macht. Besonders in ländlichen Gebieten der Dritten Welt fehlt es dabei an Information über die kriminellen Machenschaften der Strippenzieher.

Opfer sind immer die Kinder. Hilflos, verwundbar, traumatisiert, ein Leben lang. Der Menschenrechtsexperte Mike Dottrige berichtet über ein achtjähriges Mädchen aus Togo. Jahrelang musste sie im Haushalt einer fremden afrikanischen Familie Schwerstarbeit verrichten: "Solche Kinder werden programmiert wie Computer oder vielmehr wie Roboter - in manchen Ländern nennen sich solche Kinder selbst Roboter."

Zahlreiche Hilfsorganisationen haben inzwischen den Kampf gegen Kinderhandel aufgenommen. Sie leisten Prävention und Opferschutz, betreiben Lobbyarbeit und knüpfen Netzwerke zur internationalen Zusammenarbeit. Denn Menschenhändler kennen keine Landesgrenzen. Die sind aber ein Hindernis für nationale Behörden.

Lücken in der Gesetzgebung?

Immer noch gehen viele Täter straffrei aus, weil Kinderhandel in der nationalen Gesetzgebung überhaupt nicht auftaucht, oder Behörden mit dem Problem Kinderhandel nicht vertraut sind. Ein weiteres Problem besteht in den Zielländern: Restriktive Ausländergesetze und Asylverfahren. Diese behindern nicht selten die Hilfe für Opfer.

Es gibt inzwischen eine Fülle von internationalen Abkommen zum Schutz von Kindern. Es gibt eine allgemeingültige Definition, was juristisch unter Kinderhandel zu verstehen ist. Doch diese Instrumente müssten von allen Staaten ratifiziert und konsequent verfolgt werden. Menschenrechtler kritisieren, dass die Umsetzung oftmals aus Kostengründern scheitere. Nun hat die Bundesregierung angekündigt, dass sie dafür sorgen will, dass Kinderhandel spürbar eingedämmt wird.