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Krach mit Russland

Anke Hagedorn/ vem2. April 2008

Kurz vor dem NATO-Gipfel in Bukarest hat sich US-Präsident Bush erneut für einen baldigen Beitritt der Ukraine zum Militärbündnis ausgesprochen. Russland kündigte an, einen solchen Schritt nicht unbeantwortet zu lassen.

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Ukrainische Proteste vor dem Bush-Besuch (Quelle: AP, 31.03.2008).
Ukrainische Proteste vor dem Bush-BesuchBild: AP

Kurz vor Beginn des NATO-Gipfels in Bukarest hat Russland erneut mit Nachdruck vor einer Aufnahme der Ukraine und Georgiens in den Aktionsplan für eine spätere Mitgliedschaft gewarnt. Russland werde eine mögliche Osterweiterung nicht unbeantwortet lassen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch (02.04.2008) nach Angaben der Agentur Interfax. Die NATO-Mitglieder wollen auf ihrem bis Freitag dauernden Gipfel über die Aktionspläne für die ehemaligen Sowjetrepubliken entscheiden.

Bush wirbt für Erweiterung

US-Flagge (Quelle:AP. 31.3.2008)
NATO-Gebiet bis an Russlands Grenzen?Bild: AP

Trotz des Widerstands Russlands stellte US-Präsident Bush in Bukarest erneut den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken einen Beitritt in Aussicht. "Die Position meines Landes ist klar - die NATO sollte Georgien und die Ukraine mit einem Aktionsplan zur Mitgliedschaft begrüßen", sagte Bush.

Die russische Militärverwaltung ist verärgert darüber, dass die NATO-Erweiterung eine der wichtigsten Militäreinrichtungen vom Land abgeschnitten hat. Gleichzeitig sind durch die Aufnahme der baltischen Staaten NATO-Kampfflugzeuge nun in der Lage, innerhalb von fünf Minuten St. Petersburg zu erreichen.

Moskau fühlt sich bedroht

Und nicht nur Kampfflugzeuge bedrohen das russische Territorium: Die USA diskutieren mit den neuen NATO-Mitgliedern Polen und Tschechien intensiv die Stationierung von US-Abwehrraketen. Darum beobachtet die russische Regierung sehr misstrauisch alle weiteren NATO-Erweiterungspläne. In der Warteschlange für die nächste Aufnahmerunde stehen Albanien, Kroatien, Mazedonien, Georgien und die Ukraine.

Auch wenn die Ukraine schon seit langem enge Kontakte zur NATO pflegt, so betrachten viele Bündnis-Partner das Land als noch nicht beitrittsreif und verweisen darauf, dass die ukrainische Öffentlichkeit einen NATO-Beitritt ablehnt.

Putin droht der Ukraine

Mitglieder der Allianz fürchten außerdem, dass die Aufnahme der Ukraine und Georgiens zum offenen Bruch mit Russland führen könnte. Denn die Ankündigung der Ukraine, ihrerseits die Stationierung von US-Raketenabwehrsystemen auf ihrem Territorium zuzulassen, hatte bereits heftigen Wirbel ausgelöst. Der ehemalige russische Präsident Wladimir Putin reagierte mit offenen Drohungen. So sagte er nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko im Februar in Moskau: "Allein der Gedanke ist furchterregend, dass Russland als Antwort auf die mögliche Stationierung von Teilen des von den USA geplanten Raketenschilds auf ukrainischem Territorium - und man kann es theoretisch nicht ausschließen - mit seinen offensiven Raketensystemen auf die Ukraine zielen wird."

Steinmeier warnt vor Belastung der Beziehungen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, nach dem Konflikt um die Souveränität des Kosovo gebe es in diesem Jahr keinen zwingenden Grund, das Verhältnis zu Russland mit einer Entscheidung über eine künftige Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens weiter zu belasten. Im Umgang mit Moskau dürfe die Nato nicht über die "Grenze der Beherrschbarkeit" hinausgehen, sagte er der "Leipziger Volkszeitung".

Experten erwarten, dass Moskau nach dem Kosovo-Vorbild die Unabhängigkeit der von Georgien abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien anerkennen könnte, sollte die Kaukasusrepublik in Bukarest grünes Licht von der NATO erhalten.

Bush am Flughafen in Kiew (Quelle: AP)
Schönwetter in KiewBild: AP

Die Aufnahme in die NATO ist 2004 für Bulgarien, Estland, Litauen, Lettland, Rumänien, Slowenien und die Slowakei laut dem rumänischen Präsidenten Traian Basescu eine Art Ritterschlag gewesen. Damals erweiterte die NATO zum zweiten Mal in der jüngeren Zeit ihre Mitgliedschaft in Mittel- und Osteuropa. Polen, die Tschechische Republik und Ungarn waren dem Bündnis bereits 1999 beigetreten.

Russland gegen Osterweiterung

Doch für Russland waren diese beiden Erweiterungsrunden ein Affront: Denn die NATO-Osterweiterung bedeutet einen Machtverlust in der Region. Dabei geht es insbesondere um den Zugang zur russischen Enklave Kaliningrad, die jetzt von den NATO-Mitgliedern Polen und Litauen umschlossen ist. Kaliningrad war einst eine Sonder-Militärzone, in der zehntausende russischer Armee- und Marineangehörige stationiert waren. Bis heute ist Kaliningrad noch die Basis der in die Jahre gekommenen russischen Ostseeflotte.

Der NATO-Chef legt sich nicht fest - vorerst

NATO-Generalsekretär Jaap De Hoop Scheffer legte sich bislang nie eindeutig auf ein Beitrittsangebot fest, sondern vertrat eine zweideutige Politik der offenen Tür. Über politische Konsequenzen hinaus befürchten viele Mitgliedstaaten - darunter auch Deutschland -, dass noch eine Erweiterung die Handlungsfähigkeit des Militärbündnisses einschränken würde. Das Credo heißt nun: Jede Erweiterung muss auch ein Bereicherung der NATO sein.