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Bundesbank straft Vorstand Sarrazin ab

13. Oktober 2009

Die Deutsche Bundesbank hat Konsequenzen aus den jüngsten umstrittenen Äußerungen ihres Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin gezogen. Sarrazin wurde - als Strafe - ein Teil seiner Kompetenzen entzogen.

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Das Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Thilo Sarrazin (Foto: dpa)
Ist die Zuständigkeit für Bargeld los: Thilo SarrazinBild: picture-alliance/dpa

Der 64-Jährige werde künftig nicht mehr für den wichtigen Bereich Bargeldumlauf zuständig sein, teilte die Bundesbank am Dienstag (13.10.2009) nach einer Sitzung des Vorstandes in Frankfurt am Main mit. Künftig übernehme Vorstandskollege Hans Georg Fabritius diesen Bereich. Damit bleibt Sarrazin weiter für die Themengebiete Risiko-Controlling und Informationstechnologie zuständig.

Vor der Vorstandssitzung war darüber spekuliert worden, dass Sarrazin eventuell nur ein Aufgabengebiet bleiben würde. Der erst im Mai in den Vorstand gewechselte Sozialdemokrat hatte sich in einem Interview der Zeitschrift "Lettre International" kritisch über in Berlin lebende Türken geäußert und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft sogar, ob ein Anfangsverdacht der Volksverhetzung vorliegt.

Kritik an integrationsunwilligen Ausländern

In dem Interview sagte Sarrazin unter anderem, große Teile der arabischen und türkischen Einwanderer seien "weder integrationswillig noch integrationsfähig". Ihre Zahl habe in Berlin durch eine "falsche Politik" zugenommen; sie hätten jedoch "keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel". Und sie seien eine große Gefahr für Deutschland, denn: "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate."

Entlassung wurde lautstark gefordert

Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer (Foto: dpa)
Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der JudenBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Mehrere Interessengruppen forderten deshalb die Entlassung Sarrazins. Der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, bezeichnete dessen Äußerungen als "rassistisch". Der Zentralrat der Juden in Deutschland warf Sarrazin sogar Nähe zum Nationalsozialismus vor. "Ich habe den Eindruck, dass Sarrazin mit seinem Gedankengut Göring, Goebbels und Hitler große Ehre erweist", sagte der Generalsekretär des Zentralrates, Stephan Kramer, am Freitag in Berlin. "Er steht in geistiger Reihe mit den Herren." Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, forderte mehrfach den Rücktritt Sarrazins. Kritisch äußerten sich auch Politiker fast aller im Bundestag vertetenen Parteien.

Auch die Bundesbank distanzierte sich in einem ungewöhnlichen Schritt demonstrativ von den Äußerungen ihres Vorstandsmitglieds und bezeichnete sie als diskriminierend. Sarrazin entschuldigte sich später öffentlich, lehnte einen Rücktritt aber ab. Vor seinem Wechsel zur Bundesbank war Sarrazin Finanzsenator in Berlin und auch in dieser Zeit immer wieder mit provokanten Äußerungen aufgefallen.

Autor: Martin Muno (dpa, ap, afp, rtr)
Redaktion: Martin Schrader