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"Buena Vista Africa"

Leona Frommelt23. April 2004

Orchestra Baobab war das Nr.1-Ensemble im Senegal der 1970er Jahre. Ein bisschen Kuba, ein bisschen Jamaika, dazu viel traditionelle westafrikanische Musik - das war ihr Erfolgsrezept. Der Mix hat nicht an Reiz verloren.

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Orchestra BaobabBild: Presse

Die westafrikanische Formation Orchestra Baobab um Bandleader Balla Sidibè zählt noch heute zu den Stars der Weltmusik. Als sich die Band 1987 - auf dem Höhepunkt ihrer Karriere - trennte, hatte sie mehr als 20 Alben aufgenommen und millionenfach verkauft.

Die Anfänge

In den 1970er Jahren war Dakar, die Hauptstadt des Senegal, eine bedeutende Metropole und ein Schmelztiegel musikalischer Einflüsse. Zehn Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes konzentrierten sich hier Regierung und Geld, dazu ausländische Diplomaten, Journalisten und Geschäftsleute. Und folglich waren hier auch die Clubs, die Abend für Abend ihr exklusives Publikum mit gepflegter Musik unterhielten. Seeleute hatten Platten aus Kuba und der Karibik in die Hafenstadt gebracht. Schon seit den 1940er Jahren waren kubanische Rhythmen, die man in Dakar Pachanga nennt, in der Nacht-Club-Szene besonders beliebt. Aber auch Tango, Cha Cha Cha, Pasodoble und Jazz gehörten zum gängigen Repertoire. Der Gassenhauer "Guantanamera" wurde in Dakar womöglich häufiger angestimmt als in Havanna.

Bahnbrechender Afro-Latino-Sound

Einen besonders beliebten High-Society-Club leitete der Neffe des Präsidenten Léopold Sédar Senghor. Im Club Baobab spielte das gleichnamige vielköpfige Orchester jahrelang als Hausband für die postkoloniale Elite. Die begabten jungen Musiker waren von anderen Bands abgeworben und zusammengewürfelt worden. Mit ihren anspruchsvollen Arrangements, lyrischen Texten und einmaligen Gitarrensoli traf die Band den Nerv der Zeit. Ihr Sound wurde bald zum Lebensgefühl. Denn das Orchestra Baobab hatte es geschafft, aus dem standardisierten Repertoire der Salsa-Schule auszubrechen und eine eigenständige, entspannte Popmusik zu entwickeln.

Zunehmend ließen sie afrikanische Klänge mit melodischer Schlagzeugtradition in ihre Musik einfließen. Eine Entwicklung, die Staatspräsident Senghor in einer Zeit des neuen nationalen Selbstbewusstseins sehr schätzte. Er schickte das Orchestra Baobab regelmäßig ins Ausland, um den Senegal musikalisch zu repräsentieren. Doch Anfang der 1980er Jahre musste der Club Baobab schließen. Und Ein gewisser Youssou N’Dour läutete in der Region mit schnelleren, trommelbetonteren Liedern eine neue pop-musikalische Ära ein.

Das jähe Ende

N'Dour entwickelt sich zu einem der bekanntesten Sänger Afrikas, der Künstler wie Peter Gabriel und Paul Simon beeinflusste - das Orchestra Baobab konnte nicht länger mithalten. 1982 fand sich die Band zum vorerst letzten Mal im Studio ein, um mehrere Titel einzuspielen. Sechs davon wurden zum gefeierten Album "Pirates Choice", die anderen wurden nur als Tape im Senegal herausgebracht. Danach gingen die Musiker getrennte Wege - der Stern des Orchestra Baobab verblasste. An ein Revival dachte niemand - zumindest für die nächsten 20 Jahre nicht.

"Reunion" nach zwei Jahrzehnten

2002 veröffentlichte die Band ihr lang erwartetes Album "Specialist in all Styles" bei World Circuit Records. Für die Aufnahmen waren erstmalig seit 1982 annähernd alle ehemaligen Bandmitglieder in einem Studio zusammen. So, als ob nicht ein Jahr zwischen "Pirate’s Choice" und "Specialist in all Styles" liegen würde, spielten sie in alter Frische ihre lockere Musik ein. Mit dem Album erfüllte sich der Londoner Plattenproduzent Nick Gold einen lang ersehnten Wunsch. Seinen Anstrengungen ist es zu verdanken, dass die Band heute wieder gemeinsam zu erleben ist. Ein paar Jahre zuvor hatte Nick Gold bereits mit den besten Sängern Kubas den "Buena Vista Social Club" wieder aufleben lassen.

Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass das Veteranenensemble des Orchestra Baobab mit Landsmann Youssou N’Dour neue Stücke einspielt. Fest steht, dass die Band derzeit wieder on tour ist. Und wenn die ergrauten Herren so alt werden wie der Affenbrotbaum, nach dem sie ihre Formation benannt haben, dann ist sie auch noch lange zu sehen und zu hören: Ein Affenbrotbaum kann schließlich viele hundert Jahre alt werden.

Tourdaten:

23. April: New York, NY; 1. Mai: San Francisco Jazz Festival, CA; 6. Mai: Seattle, Washington; 8. Mai 2004 Vancouver, Canada.