Bettermann: Bewusstsein schaffen im Neue-Medien-Rausch | Über die DW | DW | 03.06.2009
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Bettermann: Bewusstsein schaffen im Neue-Medien-Rausch

Erik Bettermann, Intendant der Deutschen Welle, skizziert das weiterentwickelte Konzept und die Ziele des Deutsche Welle Global Media Forum.

Erik Bettermann

Erik Bettermann

Hat Sie die Premiere ermutigt, diesen internationalen Kongress in Bonn zu einer festen Größe zu machen?
Ja, der Erfolg des ersten Deutsche Welle Global Media Forum vor einem Jahr ermutigt uns in der Tat. Das Format eines Medienkongresses mit internationaler Ausrichtung und interdisziplinärem Ansatz trifft auf starkes Interesse – und das auf Anhieb. Wir hatten rund 900 Teilnehmer aus knapp 100 Ländern, 30 Partner­institutionen und Sponsoren, mehr als 300 nationale und internationale Medien­unternehmen, Nichtregierungsorganisationen, staatliche Stellen und zwischen­staatliche Institutionen hier in Bonn versammelt. Dazu fast 220 Berichterstatter für in- und ausländische Medien aus 40 Ländern. Viele haben sich spontan sehr positiv geäußert und eine Fortsetzung des Dialogs gewünscht. Insbesondere haben die Teilnehmer aus aller Welt den Charakter der Veranstaltung aktiv und erfolgreich genutzt – als internationale, interkulturelle Kommunikationsplattform, die neue Netzwerke ermöglicht.

Was haben Sie im Vergleich zum Auftakt im Vorjahr verändert?
Wir haben die Konzeption des Deutsche Welle Global Media Forum für 2009 inhaltlich und strukturell weiterentwickelt. Dabei haben wir auch Anregungen aufgegriffen, die von unseren Partnern, von vielen Teilnehmern und auch Journalisten an uns herangetragen wurden. Das heißt beispielsweise: weniger große Panels, mehr Workshops, mehr Übersetzung, mehr Interaktions­möglichkeiten. Inhaltlich setzen wir 2009 einen Akzent auf Konfliktprävention und Multimedia, gehen auf technische Entwicklungen der Medien und ver­änderte Formen der Mediennutzung ein. Auch das war ein Wunsch vieler Teilnehmer. Es wird gleichwohl kein Technik-Forum: Das Generalthema der Konferenz schließt Themen wie Zivilgesellschaft und Wertevermittlung, Regierungsführung und Menschenrechte, Bildung und Entwicklung ein. Dass wir mit dem Konzept richtig liegen, zeigen auch die vielen Anfragen renom­mierter Institutionen, sich erstmals als Partner zu beteiligen. Wir können in diesem Jahr leider bei weitem nicht alle berücksichtigen. Mit Blick auf den Ausbau des World Conference Center Bonn werden sich wahrscheinlich künftig neue Möglichkeiten bieten.

Welche konkreten Ziele verfolgt die Konferenz?
Medien tragen eine große Verantwortung – insbesondere haben sie eine wichtige aktive Rolle bei der Konfliktprävention. Und diese Verantwortung müssen sie wahrnehmen – das umfasst alle, auch die neuen Medienakteure auf den unterschiedlichen Plattformen. Mit Hochgeschwindigkeits-Journalimus im Neue-Medien-Rausch ist es nicht getan. Die wachsende Zahl der Akteure im Web 2.0 fragmentiert die Medienlandschaft immer mehr. Nach anfänglicher Euphorie über die vielen neuen Möglichkeiten ist bei Machern und Nutzern doch eine gewisse Ernüchterung zu beobachten. Die Nutzer suchen mehr und mehr nach Qualität und Verlässlichkeit. Diese Diskussion greifen wir auf dem Deutsche Welle Global Media Forum auf und bieten Orientierung.

Hierzulande spricht die Branche über die Krise der traditionellen und den Siegeszug der Neuen Medien...
Entscheidend ist doch nicht die Frage nach „alten“ oder „neuen“ Medien, entscheidend sind Qualität und Relevanz der Inhalte. Hierzulande wird noch viel zu viel in medialen Kästchen gedacht: hier die Öffentlich-Rechtlichen und die Tageszeitungen, da Twitter und Co. Man darf sie nicht gegeneinander ausspielen, sondern muss ihre jeweiligen Stärken nutzen und kombinieren. Die Deutsche Welle setzt erfolgreich auf eine Multiplattformstrategie: klar definierte Zielgruppen auf allen technischen Wegen erreichen, die diese zur Verfügung haben und bevorzugen. Die Inhalte werden entsprechend auf­bereitet. In diesem Sinne haben wir jetzt Hörfunk- und Onlineredaktionen zusammengelegt und multi-medial aufgestellt – unter Einbeziehung unserer TV-Inhalte. Man muss Medien als ein System begreifen – international vernetzt. Beispiel: Wenn wir als Auslandssender eine Information verbreiten, die in den offiziellen Medien des Zielgebiets nicht zu finden ist oder den Menschen bewusst vorenthalten wird, dann wird sie mit Sicherheit in oppositionellen Blogs aufgegriffen und weiterverbreitet. Das kennen wir aus Iran, das kennen wir aus China oder auch Kuba. Die Blogging-Debatte wiederum thematisieren wir und geben so der Freiheit und Vielfalt der Meinungen eine Chance.

Kann demnach „Konfliktprävention im Multimedia-Zeitalter“ erfolgreich sein?
Die Themenfülle, die wir auf dem Deutsche Welle Global Media Forum in diesem Jahr in rund 50 Einzelveranstaltungen abdecken, verdeutlicht zunächst eines: Das Generalthema ist von erheblicher internationaler Relevanz und das Bedürfnis, sich darüber auszutauschen, enorm. Medien sind im Kontext der Vorbeugung von Konflikten in vielfacher Hinsicht gefordert. Und das beginnt vor der eigenen Haustür: Wenn Menschen virtuelle Kriegsspiele spielen, dann ist das mit einer erheblichen sozialen Konditionierung verbunden. Wenn sich Videospiele zum wirkungsvollsten Rekrutierungswerkzeug des US-Militärs entwickelt haben, unterstreicht das die gesellschaftliche Bedeutung. Und wenn durch die Abbildung realer Konflikte der jüngeren Vergangenheit in Videospielen die Grenzen zwischen Videospiel und interaktivem Journalismus aufgeweicht werden, wie Experten meinen, dann müssen wir das diskutieren. Ebenso muss man reflektieren, dass sich nicht nur die Konflikte selbst, sondern auch die Berichterstattung über sie dramatisch wandeln – wenn beispielsweise Soldaten Weblogs betreiben oder eigene Bilder ihrer Einsätze auf YouTube veröffentlichen. Das heißt: Wir müssen ausloten, welche Möglichkeiten Medien im Multimedia-Zeitalter haben, um Konflikten vorzubeugen.

Reden Sie damit einer aktiveren Rolle der Medien das Wort? Also nicht nur Berichterstattung über Krisen und Konflikte, sondern auch Gestaltung von Lösungen durch die „Vierte Gewalt“?
Natürlich geht es zunächst immer darum, dass die Medien Konflikte so objektiv wie möglich abbilden. Und zwar in der ganzen Bandbreite gesellschaftlicher, nationaler und internationaler Konfliktfelder – ob sozial oder politisch, ökolo-gisch oder ökonomisch bedingt. Aber es wird zunehmend wichtiger, dass die Medien mit gut recherchierten Geschichten Bewusstsein fördern, wie sich Konflikte lösen ließen. Sie müssen ein Forum bieten für den Austausch von Ideen und Meinungen und diese wiederum aufgreifen. Das setzt professionell und verantwortungsbewusst agierende Journalisten voraus.

Das Deutsche Welle Global Media Forum – somit ein Treffen der medialen Gutmenschen?
Dagegen würde sich beispielsweise der Chaos Computer Club vermutlich verwahren. Wir brauchen streitbare, manchmal auch umstrittene, international renommierte Akteure für strittige Themen. Die Konferenz lebt vom Engage­ment ihrer Teilnehmer, was schon die Auftaktveranstaltung eindrucksvoll gezeigt hat. 2009 bringen wir unter anderem Galionsfiguren der Internetszene, Medienunternehmer und Journalisten, Experten für internationalen Daten­verkehr und Informationssicherheit und hochrangige Militärs zusammen. Sowohl die Themenbreite als auch die Besetzung des Deutsche Welle Global Media Forum spiegeln unser Selbstverständnis, weltweit als deutsche Stimme der Menschenrechte zu wirken, wider.

Juni 2009

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