1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Arrogante Westler, nörglerische Ossis

22. Juli 2015

Auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung herrscht zumindest in den Köpfen vieler Deutscher noch keine Einheit. Nach wie vor bestehen viele Unterschiede zwischen West und Ost - so das Ergebnis einer Studie.

https://p.dw.com/p/1G2Ri
Symbolbild Vereinigung Deutschland Zusammenschluss Zusammenwachsen Entwicklung
Bild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Gut 45 Jahre waren Deutsche in Ost und West getrennt. Die Jahre der Teilung unter gänzlich unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Systemen wirken offenbar auch heute noch nach. Dass die Einheit in den Köpfen ist noch nicht komplett vollzogen ist, zeigt eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung unter dem Namen "So geht Einheit - Wie weit das einst geteilte Deutschland zusammengewachsen ist".

Ihr zufolge ist fast die Hälfte der Deutschen der Ansicht, dass es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten zwischen Ost und West gibt. Gut ein Viertel der Ostdeutschen nimmt die Westdeutschen als arrogant wahr. Aus Sicht der Westdeutschen sind die Ostdeutschen vor allem "anspruchsvoll" und "unzufrieden". Eine Gemeinsamkeit besteht allerdings: Sowohl Ost- als auch Westdeutsche halten ihre Landsleute im jeweils anderen Teil Deutschlands für besserwisserisch.

"Einheit in den Köpfen braucht mehr als eine Generation"

Welches Bild Ost- und Westdeutsche voneinander und von sich selbst haben ist dabei nur eines von 25 Themenfeldern, in denen die Studie der Frage nachgeht, wie weit das einst geteilte Deutschland in den vergangenen 25 Jahren zusammengewachsen ist. "Nach diesem Kraftakt ohnegleichen sind bis heute zwar ein paar blühende Landschaften entstanden", teilte das Institut mit. "Von einer flächenhaften Angleichung zwischen Ost und West kann aber keine Rede sein." Sie könne aus strukturellen Gründen vermutlich auch nie vollständig vollzogen werden.

"Das Ergebnis hat uns selbst erstaunt", sagt der Direktor des Berlin-Instituts, Reiner Klingholz. "Ob bei der Bevölkerungsentwicklung, der Wirtschaftskraft, den Vermögen, den Erbschaften oder der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe - überall zeichnet sich ziemlich exakt die alte Grenze ab."

Der Studie zufolge arbeiten Ostdeutsche länger, verdienen aber weniger als Westdeutsche, nämlich nur drei Viertel des Durchschnittseinkommens. Im Westen ist hingegen die Produktivität höher. Die Studie begründet dies mit der "kleinteiligen Wirtschaftsstruktur, die nach dem Zusammenbruch der DDR entstanden" sei.

Der Westen liege allerdings bei der Erwerbsbeteiligung und Frauen und der Kinderbetreuung deutlich unter dem Ostniveau, heißt es weiter. Weitgehend angenähert haben sich Ost und West bei der Lebenserwartung, den Bildungsabschlüssen, den Konsumgewohnheiten und den Kinderzahlen.

"Einheit ist eben kein politischer Willensakt", bilanziert Reiner Klingholz, "sondern ein langsamer Prozess, der mindestens noch eine Generation dauert."

sp/stu (mit dpa)