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Zum Beginn des EU-Lateinamerika-Gipfels

Steffen Leidel15. Mai 2008

Auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel präsentiert sich Lateinamerika uneins und zerstritten. Traditionelle wirtschaftliche Bündnisse verlieren an Bedeutung, es bilden sich neue. Doch wer ist der Ansprechpartner für die EU?

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Auftakt des EU-Lateinamerika-Gipfels in Lima / Peru
Auftakt des EU-Lateinamerika-Gipfels in Lima / PeruBild: AP

Ein geeintes Lateinamerika, das war der Lebenstraum des Befreiungshelden Simon Bolivar. Ein Ding der Unmöglichkeit, das musste Bolivar schon zu seinen Lebzeiten einsehen. Er sagte einmal: Der Versuch, Amerika zu einen, komme ihm vor, als pflüge er das Meer. An dieser Einsicht hat sich bis heute nichts geändert. Lateinamerika präsentiert sich als Sammelsurium rivalisierender Akteure und Bündnisse. Von der EU ist hier Flexibilität gefragt, so die konservative Europaparlamentarierin und Vizepräsidentin der EU-Chile-Delegation Christa Klaß. Denn es fehle tatsächlich der gemeinsame Ansprechpartner, man könne nicht sagen, dieses Parlament, diese Persönlichkeit sei der Ansprechpartner.

Wirtschaftsbündnisse als Ansprechpartner

Die EU hatte in den 1990er Jahren ihre Hoffnung vor allem auf Wirtschaftsbündnisse wie den Mercosur gesetzt. Doch der stagniere, sagt Detlev Nolte vom GIGA Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg. Gerade einmal 15 Prozent des Handels der Mercosur-Länder sei 2007 im Rahmen des Bündnisses abgewickelt worden. Der Mercosur hat nach Noltes Ansicht an Bedeutung verloren. Man hatte sich erhofft, dass es eine enge Vernetzung zwischen Partner geben würde, dass ein gemeinsamer Markt geschaffen wird. Auf dem Papier sei das auch alles erreicht worden, so Nolte weiter. Aber bei der Umsetzung der mittlerweile sehr großen Zahl von Normen hapere es noch sehr.

Venezuela's Präsident Hugo Chavez
Venezuela's Präsident Hugo ChavezBild: AP

Gewohnt lautstark hat sich der venezolanische Präsident Hugo Chavez in jüngster Zeit als Verfechter der lateinamerikanischen Einheit hervorgetan. Das regionale Gemeinschaftsprojekt ALBA geht auf seine Initiative zurück. Es ist als Gegenmodell zur panamerikanischen Freihandelszone konzipiert, die von den USA vorangetrieben wird. Statt Marktliberalisierung befürwortet er einen solidarischen Tauschhandel, der jedoch politische Linientreue voraussetzt.

Detlev Nolte bewertet diese Bemühungen als Integrationsbündnis, das den Traum von Simon Bolivar einen einheitlichen Lateinamerikas verwirklichen soll. Doch es seien ihm bisher nur wenige Länder beigetreten sind. Kuba, Venezuela, Bolivien, Nicaragua und die kleine Insel Domenica. Damit sei das Projekt nicht repräsentativ für Lateinamerika, so Nolte.

Doppelstrategie der EU

Venezuela konkurriert mit Brasilien um die Führungsrolle auf dem Kontinent. Das größte Land versucht dabei, sein eigenes Bündnis zu etablieren: Die südamerikanische Staatenunion UNASUR, in die der Hauptrivale Chavez integriert werden soll. Doch UNASUR soll die Wirtschaftsblöcke Mercosur und Andengemeinschaft politisch zusammenführen, Ausgang ist ungewiss.

Vorbereitungen vor dem EU-Lateinamerika-Gipfel
Vorbereitungen vor dem EU-Lateinamerika-GipfelBild: AP

Die EU verfolgt deshalb vor allem eine Doppelstrategie, erklärt Detlev Nolte. Man versuche parallel zu dieser Vielzahl von Integrationszusammenschlüssen, auch mit privilegierten Partnern in Lateinamerika eine privilegierte Partnerschaft aufzubauen, in erster Linie mit Brasilien, Mexiko und Chile.

Bilaterale Beziehungen

Der Trend zu bilateralen Beziehungen scheint sich zu verfestigen. Für die reicheren Länder Lateinamerikas haben wirtschaftliche Interessen Priorität. Sie wenden sich eben dahin, wo es für sie am lukrativsten ist. Das bestätigt Christa Klaß. Als Vizepräsidentin der EU-Chile-Delegation hat sie beobachtet, dass zum Beispiel ein Land wie Chile sich selbst nicht zu den Armen zählt, sondern Handelsabkommen mit Europa, mit Asien, mit Amerika wünscht..

Ein vereintes Lateinamerika ist nach wie vor ein fernes Ziel. Die Bereitschaft der Länder auf eigene Interessen zu verzichten, um gemeinsamen Ziele voranzubringen, ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Da hilft es auch nicht, den Geist des Simon Bolivar zu beschwören.